Verwahrung der Waffe - Waffenverbot Niederösterreich
Kurz vor dem Weihnachtstag 2021 rief mich mein Jagdfreund Konrad an. „Du, die haben mir meine .30-06 weggenommen“, sagte er, „und ein Waffenverbot soll ich auch bekommen!“ Sogleich erzählte er die ganze Geschichte: Er erlegte in der Au ein Rottier und brachte es zur Wildannahmestelle. Dazu fuhr er nicht – wie sonst immer – mit dem Auto in den Hof. Da er in Begleitung von zwei weiteren Jägern war, wollte er sich das Öffnen der schweren, doppelflügeligen Holztür ersparen, und gemeinsam trugen sie das Tier durch die Gehtür in den Kühlraum und begannen, es zu versorgen. Das Auto stand am Gehsteig am Rand des kleinen niederösterreichischen Orts. Sieben Minuten später (dies wurde im Nachhinein so festgestellt) drangen Stimmen mit einem ungewöhnlichen Gesprächsthema an sein Ohr. Als er sich zu seinem Auto begab, sah er zwei Polizisten, von denen einer seinen Mauser-Repetierer in der Hand hielt. Die Folge war eine Strafverfügung samt Geldstrafe wegen unsicherer Verwahrung von Schusswaffen und eine Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft, die ankündigte, ein Waffenverbot verhängen zu wollen. Die Strafverfügung blieb unbekämpft, gegen das Waffenverbot setzte er sich allerdings zur Wehr.
Verletzung bei der Baujagd - Waffenverbot Oberösterreich
Zwei Monate später telefonierte ich mit Roland, den ich aus meiner oberösterreichischen Heimat kenne. „Ich habe ein Problem“, sagte er und begann zu schildern: Sein Freund hatte einen noch relativ jungen Hund, den sie gemeinsam an einem gut befahrenen Fuchsbau in der Nähe des Attersees ansetzen wollten. Die beiden bezogen an einem Hügel an der Ausfahrt des Baues Stellung und hatten jeweils Deckung hinter zwei starken Bäumen ohne Sichtverbindung zueinander und ausreichend Kugelfang in Schussrichtung. Nachdem etwas Zeit vergangen war, sprang der Fuchs. Ein Schuss aus der Flinte krachte. Gefehlt! Macht nichts, es gibt ein nächstes Mal, dachten sich Roland und sein Freund, der etwas klagte, weil er sich offenbar sein Bein beim Heruntergehen angeschlagen hatte. Sie verabschiedeten sich und vereinbarten einen neuen Termin. Am Abend erhielt Roland einen Anruf von seinem Freund. Er war im Krankenhaus gewesen, wo ambulant sechs Schrote aus seiner Wade entfernt worden waren. Die zwingende Folge war eine Anzeige des Krankenhausträgers bei der Staatsanwaltschaft, die das Verfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung mangels Verschulden eingestellt hat. Der Abpraller, der die leichte Verletzung ausgelöst hat, war nicht vorhersehbar. Es war ein Unfall. Etwas später meldete sich die Bezirkshauptmannschaft. Sie verhängte ein Waffenverbot
Ende gut, alles gut
Die beiden Beispiele zeigen, wie schnell ein Waffenverbot droht. Beide Fälle sind gut ausgegangen. Es ist gelungen, das zunächst verhängte Waffenverbot erfolgreich zu bekämpfen. In beiden Fällen war es allerdings notwendig, schlagkräftige juristische Argumente ins Treffen zu führen und die Rechtsprechung zum Waffenverbot darzulegen und nachzuweisen, dass die Voraussetzungen für ein Waffenverbot nicht vorlagen. Im ersten Fall musste dafür das Landesverwaltungsgericht angerufen werden. In der zweiten Sache fanden wir mit einer Intervention bei Bezirkshauptmannschaft, einer sogenannten „Vorstellung“, das Auslangen.
Was ist ein Waffenverbot?
Ein Waffenverbot ist formal gesehen ein Verbot, das dazu dient, Waffen und Munition zu verbieten. Die Bezirksverwaltungsbehörde hat es zu verhängen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Betroffene durch missbräuchliche Waffenverwendung Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte. Das Waffenverbot ist unbefristet. Es läuft damit nicht ab und besteht theoretisch lebenslang. Die Behörde muss es allerdings aufheben (auf Antrag oder amtswegig), wenn die Gründe für die Erlassung weggefallen sind.
Das Waffenverbot dient der Verhütung missbräuchlicher Waffenverwendung. Dabei genügt es, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Besorgnis erwecken, dass von der Waffe ein gesetz- oder zweckwidriger („missbräuchlicher“) Gebrauch gemacht und dadurch eine Gefährdung herbeigeführt werden könnte, wobei ein strenger Maßstab anzulegen ist. Voraussetzung ist, dass aufgrund objektiver Sachverhaltsmerkmale eine qualifiziert rechtswidrige Verwendung von Waffen (nämlich durch gesetz- oder zweckwidrigen Gebrauch) zu befürchten ist. Dazu muss die Behörde eine Prognoseentscheidung anstellen und auf die künftige Gefahr schließen. Die Basis dafür sind die Prüfung der Persönlichkeit des Betroffenen und (nachvollziehbar und schlüssig begründete) Feststellungen vor allem zur Neigung zu Aggressivität und zu waffenrechtlich relevanten Verhaltensweisen. Erst dann kann beurteilt werden, ob die strengen Voraussetzungen des § 12 Waffengesetz vorliegen und eine Prognose im Sinne dieser Bestimmung gerechtfertigt ist. Es bedarf damit – im Sinne einer qualifizierten Gefährdungsprognose – einer Untermauerung der Befürchtung missbräuchlicher Verwendung im Einzelfall.
Wann ist ein Waffenverbot gerechtfertigt?
In den beiden Fällen aus Oberösterreich und Niederösterreich war kein Waffenverbot angemessen. Es wäre allerdings gerechtfertigt gewesen, wenn den Betroffenen die künftige missbräuchliche Verwendung von Waffen zuzutrauen gewesen wäre. Zur unsicheren Verwahrung der Waffe muss damit ein zusätzliches Fehlverhalten hinzutreten. Denkbar wären widersetzendes Verhalten gegenüber einschreitenden Beamten, Alkoholkonsum oder wiederholte unsichere Verwahrung. Sichere Verwahrung und sichere Handhabung von Waffen und Munition sind daher durch nichts zu ersetzen.
Rechtsanwalt Jagdrecht und Waffenrecht
Rechtsanwalt Dr. Johannes Öhlböck LL.M. berät und vertritt in Rechtsfragen zum Jagdrecht und Waffenrecht.