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Veröffentlichung von Dopingsperren datenschutzrechtlich zulässig?
Veröffentlichung von Sperren und Suspendierungen nach Doping durch die NADA in Österreich
Die NADA Austria (Nationale Anti-Doping Agentur Austria GmbH) veröffentlicht auf ihrer Website über welche österreichischen Sportler (Vorname, Nachname, Sportart) welche Suspendierungen und Sperren verhängt worden sind. Die Liste umfasst aktuell (per 07.04.2021) 57 Sportler aus den Sportarten Volleyball, Nordischer Skisport, Langlauf, Kraftdreikampf Radsport, Triathlon, Radsport, Leichtathletik, Gewichtheben, Rugby, Schibergsteigen, Kickboxen, Fußball, American Football und Basketball. Umfasst sind Sportler, die gemäß einer Entscheidung der Österreichischen Anti-Doping Rechtskommission (ÖADR) oder der Unabhängigen Schiedskommission (USK) gesperrt sind. Weiters sind Personen erfasst, auf die das Anti-Doping Bundesgesetz Anwendung findet und die von einer ausländischen nationalen oder internationalen Sportorganisation gesperrt wurden, sofern die NADA Austria von dieser Sanktion Kenntnis erlangt hat.
Veröffentlichung Dopingsperre: Wo ist das Problem?
Vorausgeschickt ist: Doping und Sport vertragen sich nicht. Wer die Regeln nicht einhält, ist nach dem geltenden Regulativ zu sanktionieren. Dabei ist es auch verständlich, dass Wettkampfveranstalter, Sportverbände und Förderstellen zu informieren sind, über wen eine Dopingsperre verhängt wurde, um sicherzustellen, dass diese Organisationen ihren Aufgaben / Verpflichtungen nachkommen können. Doch ist es notwendig, dass die breite Öffentlichkeit und damit jedermann, der Zugang zum Internet hat, darüber informiert wird, welcher Sportler in welcher Sportart des Dopings überführt wurde? Für Sportler hat die Veröffentlichung Prangerwirkung, die mit sozialer Ausgrenzung und Stigmatisierung einhergeht. Die Eingriffsintensität steigt, wenn es sich um bereits längst zurückgetretene Sportler oder „Hobbysportler“ bzw „Freizeitsportler“ handelt.
Begründung der Veröffentlichung (seit 01.01.2021) durch die NADA
Die NADA stützt die Veröffentlichung der Sperren auf denseit 01.01.2021 geltenden § 5 Abs 6 Z 4 des Anti-Doping-Bundesgesetzes 2021 (ADBG 2021). Danach hat die Unabhängige Dopingkontrolleinrichtung über die ihr zur Kenntnis gelangten Sicherungsmaßnahmen (Suspendierung, Sperre) von Sportlern und sonstigen Personen zu informieren. Nach den Vorgaben des Gesetzes dürfen dabei Name, Dauer der Sperre und Gründe hiefür genannt werden, ohne dass auf besondere Kategorien personenbezogener Daten, insbesondere Gesundheitsdaten, der betroffenen Personen rückgeschlossen werden kann. Bei besonders schutzbedürftigen Personen sowie Freizeitsportlern kann diese Information unterbleiben. Zu Informieren sind die Bundessportorganisation (BSO), Sportorganisationen, Sportlerinnen und Sportler, sonstige Personen und Wettkampfveranstalter und die Information ist unentgeltlich der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen. Ähnliche Regeln gelten nach §§ 21 Abs 3 und 23 Abs 4 für Veröffentlichungen durch die Österreichische Anti-Doping Rechtskommission (ÖADR) und die unabhängige Schiedskommission (USK). Damit stützt die NADA sich auf eine seit 01.01.2021 geltende Regelung. Das davor geltende Regulativ (§ 2 Abs 2 ADBG 2007) sah keine Information an die Allgemeinheit vor. Ungeachtet dessen erfolgte aber auch vor 01.01.2021 eine im Wesentlichen gleichlautende Information wie heute.
Veröffentlichung personenbezogener Daten über strafrechtliche Verurteilungen und Straftaten
Die Datenschutzgrundverordnung regelt, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten über strafrechtliche Verurteilungen und Straftaten oder damit zusammenhängende Sicherungsmaßregeln nur unter behördlicher Aufsicht oder unter geeigneten Garantien für die Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen vorgenommen werden darf. Was eine „Straftat“ bzw eine „strafrechtliche Verurteilung“ ist, regelt die DSGVO nicht. Nach § 4 Abs 3 DSG sind auch verwaltungsbehördlich strafbare Handlungen erfasst. Noch weiter geht die Kommentarliteratur (DatKomm, Art 10, Rz 17), die auch Disziplinarstrafen erfasst sieht. Dopingsperren haben große (persönliche) Auswirkungen auf Athleten, die weit über Verwaltungsübertretungen hinausgehen und Kriminalstraftaten vielfach gleichzusetzen sind. Eine Sperre kommt einem Berufsverbot gleich und die Veröffentlichung der Sperre zieht Prangerwirkung und Stigmatisierung nach sich. Dopingsperren sind in ihrer Wirkung für den Sportler jedenfalls weitergehend als Verwaltungsübertretungen und Disziplinarstrafen, sodsas Veröffentlichungen von Sperren und Suspendierungen nach Doping unter Art 10 DSGVO subsumiert werden müssen.
Veröffentlichung der Dopingsperre im Internet für Jedermann legitim?
Für die Information von Förderstellen, Sportorganisationen und Wettkampfveranstalter finden sich Begründungen in den Materialien zum ADBG 2021, nicht aber für eine uferlose Information der Allgemeinheit. Die Veröffentlichung bewirkt, dass jedermann der eine Suchmaschine bedienen kann, darüber hinaus aber keinerlei anzuerkennendes Informationsbedürfnis hat, jederzeit prüfen kann, über wen welches Dopingerkenntnis verhängt wurde. Nach Art 6 Abs 1 it c DSGVO ist eine Datenverarbeitung rechtmäßig, wenn sie zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich ist. Diese rechtliche Verpflichtung liegt auf den ersten Blick in den genannten Bestimmungen des ADBG 2021. Nach Art 6 Abs 3 DSGVO müssen derartige Verpflichtungen aber ein im öffentlichen Interesse liegendes Ziel verfolgen und in einem angemessenen Verhältnis zum verfolgten legitimen Zweckstehen. Es ist damit der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Diesem Grundsatz wird in nicht Rechnung getragen, zumal die gesetzliche Regelung keine Abstufungen vorsieht und den gutverdienenden Weltrekordhalter in den gleichen Topf wirft, wie den Viertligisten in einer Randsportart, der von seinem Sport nicht leben kann. Diese undifferenzierte Ausgestaltung eines Veröffentlichungsrechtes verstößt damit nicht nur gegen Art 6 Abs 3 DSGVO sondern auch das Grundrecht auf Datenschutz in § 1 DSG. Nach dessen Abs 2 darf auch im Falle zulässiger Beschränkungen der Eingriff in das Grundrecht jeweils nur in der gelindesten, zum Ziel führenden Art vorgenommen werden. Das gelindeste Mittel besteht nicht darin, jedermann, zu jeder Zeit darüber zu informieren, dass eine Dopingsperre besteht. Der beabsichtigte Zweck könnte auch erreicht werden, dass Sportverbände, Förderstellen, Wettbewerbsveranstalter, usw, gesondert (etwa passwortgeschützt) oder mit einer Datenbank ähnlich der Robinsonliste nach § 7 ECG informiert werden. Eine proaktive Information gegenüber der Allgemeinheit ist weder sachgerecht noch erforderlich und schon gar nicht verhältnismäßig. Zusammengefasst bestehen daher große datenschutzrechtliche Zweifel an der Legitimität der Veröffentlichung von Dopingsperren.
Rechtsanwalt Sportrecht
Rechtsanwalt Dr. Johannes Öhlböck LL.M. berät und vertritt Sportler in allen Rechtsfragen im Sportrecht.