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Urteil: Lizenzentgelt und Schadenersatz für Grafikerin

Nach unberechtigter Verwendung einer Grafik wurde eine österreichische Gesellschaft mit nicht rechtskräftigem Urteil des Handelsgerichtes Wien verpflichtet, EUR 930,00 Lizenzgebühren, Zinsen und Kosten an die von Rechtsanwalt Dr. Johannes Öhlböck vertretene Grafikerin zu bezahlen. Einer außergerichtlichen Aufforderung im Vorfeld kam die Gesellschaft nicht nach.

Nutzung einer Grafik auf Facebook ohne vorherige Werknutzungsbewilligung

Die Klägerin ist Illustratorin und Fotografin. Sie hat eine Weihnachtsgrafik geschaffen, die sie mit verschiedenen Grafikprogrammen in mehr als rund 5bis möglicherweise 10 Stunden erstellt hat. Die Grafik wird in mehreren Versionen auf der Website der Grafikerin gegen Lizenzentgelt angeboten, wobei festgehalten wird, dass jegliche Nutzung einer schriftlichen Zustimmung bedarf.

Die Grafik wurde im Dezember 2019 von einer Mitarbeiterin der Beklagten auf deren Facebookseite in einer modifizierten Form verwendet und veröffentlicht, ohne, dass bei der Klägerin zuvor um Einräumung einer Werknutzungsbewilligungangefragt wurde. Mit anwaltlichem Schreiben vom 02.04.2020 forderte die Klägerin die Beklagte zur Unterlassung der Urheberrechtsverletzung sowie zur Zahlung auf. Die Beklagte lehnte die geltend gemachten Ansprüche ab.

Aufgrund der Feststellungen über die komplexe Herstellung der Grafik ging das Gericht nicht davon aus, dass jedermann mit durchschnittlichen Fähigkeiten von vornherein in der Lage ist, eine solche Grafik zu erstellen. Weiters lässt sich durch die Eigenheit der Grafik, insbesondere des sechszackigen 3D-Sterns, eine individuelle Zuordnung zwischen der Grafik und der Klägerin herstellen.

Angemessenes Entgelt für eine Grafik

Der Anspruch auf angemessenes Entgelt besteht verschuldensunabhängig. Es handelt sich um einen gesetzlichen Vergütungsanspruch für die widerrechtliche unentgeltliche Verwendung. Der Verletzer hat im Nachhinein jene Lizenzgebühr zu bezahlen, die dem Verletzten durch den rechtswidrigen Eingriff entgangen ist. Zu leisten ist der „tatsächliche Marktpreis“, also was üblicherweise für die gleichartige Nutzung bei im Voraus eingeholter Einwilligung gezahlt werden muss. Das angemessene Entgelt steht zuzüglich Umsatzsteuerund gesetzlichen Zinsen zu. Richtschnur dafür ist, was redliche und vernünftige Parteien vereinbart hätten. Der Verletzer ist nicht schlechter und nicht besser zu stellen als ein vertraglicher Lizenznehmer.

Unternehmer haftet für Urheberrechtsverstöße seiner Mitarbeiter

Der Unternehmer haftet für Entgeltansprüche nach § 86 UrhG, die durch Urheberrechtsverstöße seiner Beauftragten oder Bediensteten im Betrieb seines Unternehmens bewirkt werden, ohne jegliches eigene Verschulden (§ 88 UrhG). Das angemessene Entgelt lässt sich vom Lizenzentgeltsystem der Klägerin auf ihrer Website ableiten. Daraus ergibt sich, welcher Betrag bei im Voraus eingeholter Einwilligung gezahlt werden muss. Hierzu musste kein Sachverständiger beigezogen werden, da die Lizenzgebühren der Klägerin üblich und angemessen sind. Der Klägerin steht daher das begehrte angemessene Entgelt von EUR 465,00 zu.

Doppeltes Entgelt aufgrund gesetzlicher Schadenpauschalierung

Um die Schadenpauschalierung nach § 87 Abs 3 UrhG in Anspruch nehmen zu können, muss der Kläger nur behaupten und beweisen, dass der Verletzer das Werk auf eine dem Urheber vorbehaltene Art verwertet hat und dass dafür ein bestimmtes Entgelt angemessen ist. Einen konkreten Vermögensschaden muss er weder behaupten noch beweisen. Die Pauschalierung soll nicht nur den Beweisschwierigkeiten bei typischerweise eintretenden Schäden entgegenwirken, sondern sie dient ganz allgemein dazu, den besonderen Schutz des Urhebers im Bereich des Schadenersatzes zu verwirklichen (RS0111242). Der pauschalierte Schadenersatz schließt das angemessene Entgelt ein und führt nicht dazu, dass der Geschädigte insgesamt das Dreifache erhält. Aus den getroffenen Feststellungen ergibt sich, dass die Mitarbeiterin der Beklagten in zumindest leicht fahrlässiger Weise die modifizierte Grafik der Klägerin auf ihrer Facebookseite veröffentlichte und offenbar keine oder keine ausreichende Kontrolle allfälliger Urheberrechte für die verwendete Grafik durchgeführt hatte. Der Klägerin steht daher Schadenersatz nach § 87 Abs 3 UrhG zu.

Rechtsanwalt Urheberrecht

Rechtsanwalt Dr. Johannes Öhlböck LL.M. berät und vertritt bei Rechtsfragen im Urheberrecht rund um Unterlassung, Lizenzentgelt und Schadenersatz.