News

Urteil: Erfolg für Hautarzt – Google muss Bewertung löschen

Google muss Bewertung löschen
Bewertung Bewertungsportal Sternebewertung Ehrenbeleidigung Kreditschädigung Google

Ein von Rechtsanwalt Dr. Öhlböck vertretener Hautarzt war vor dem Oberlandesgericht Wien in zweiter Instanz gegen Google erfolgreich. Die Suchmaschine muss nach dem Urteil des Gerichtes eine Bewertung löschen, die dem Arzt Profitgier und einen Verstoß gegen die ärztliche Ethik vorgeworfen hat.

Negative Bewertung für Hautarzt – Vorwurf von Profitgier und Verstoß gegen ärztliche Ethik

Der Kläger ist Hautarzt und betreibt in Wien eine Kassenpraxis und im Burgenland eine Privatordination. Die beklagte Partei betreibt die Suchmaschine Google.at. Sie speichert (unter anderem) als Host-Provider auf ihrer Plattform Informationen, die von Nutzern bereitgestellt werden (im vorliegenden Fall Rezensionen). Sie bietet mit „Google Local Listings" einen Dienst an, der in der Speicherung der von einem Nutzer bereitgestellten Information besteht. Im Rahmen dieses Dienstes wurde von einem Nutzer mit dem Benutzernamen S „Anon" G eine Rezension gespeichert, die den Hautarzt betrifft. Die Rezension lautete wie folgt:

Sehr unfreundlicher arroganter Tonfall beim ersten mal anrufen, zugehört wurde nicht musste die Frage wiederholen. Wieder ein Privatarzt im Burgenland. Es ist schön langsam ein Armutszeugnis wie wenig Krankenkasseärzte es hier in der Nähe, kaum welche gibt. Ärzte die nur für Reiche leistbar sind, das widerspricht dem medizinischen hypokratischen Eid. 1 Stern ist berechtigt, kein Verständnis mehr für profit gierige Fachärzte.

Ehrenbeleidigung und Verletzung des wirtschaftlichen Rufes - § 1330 ABGB

Das Landesgericht Eisenstadt wies die Klage des von Rechtsanwalt Dr. Johannes Öhlböck LL.M. vertretenen Arztes ab. Das Oberlandesgericht Wien gab der dagegen erhobenen Berufung Folge. Es gründete die Entscheidung auf § 1330 ABGB, der Ehrenbeleidigung und Schädigung des wirtschaftlichen Rufes sanktioniert. Schutzobjekt des Absatzes 1 ist die zu den absoluten Rechten zählende Personenwürde, dh der Anspruch auf achtungsvolle Behandlung durch andere. Absatz 2 umfasst hingegen den wirtschaftlichen Ruf, der durch die Verbreitung unwahrer Tatsachen gefährdet wird. Werturteile werden von Abs 2 nicht erfasst.

Ob ein Werturteil oder eine Tatsachenbehauptung vorliegt, ist eine Rechtsfrage. Werturteile sind Ausdruck der subjektiven Meinung. Einem Wahrheitsbeweis sind sie nicht zugänglich. Tatsachen haben hingegen einen auf Richtigkeitnachprüfbaren Inhalt. Darin liegt der Unterschied zum bloßen Werturteil, das aufgrund gedanklicher Reflexion gewonnen wird und die subjektive Meinung des Erklärenden wiedergibt. Entscheidend ist daher, ob sich eine Äußerung auf einen Tatsachenkern zurückführen lässt, der als richtig oder falsch beurteilt werden kann.

Google (zumindest) als Host-Provider von Bewertungen

Das OLG Wien ging davon aus, dass Google (zumindest) Host-Provider ist und ein direkter Kundenkontakt keine zwingende Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit einer Bewertung ist. Bewertungen müssen sich allerdings nur auf "tatsächliche bzw eigene Erlebnisse" zu dem zu bewertenden Unternehmen beziehen. Den Bewertungen von Nicht-Kunden müssen „sachbezogene Erfahrungen“ zugrunde liegen

Pseudonyme und anonyme Bewertungen

Pseudonyme und anonyme Bewertungen sind zulässig. Allerdings ist ein strenger Maßstab notwendig, um die Insultierung von Personen unter dem (vermeintlichen) Deckmantel der Anonymität zu unterbinden. Ein über (angebliche) Rechtsverletzungen informierter Diensteanbieter (Host-Provider) kann nur dann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn die beanstandeten Inhalte als Rechtsverletzungen zu qualifizieren sind, die auch für einen juristischen Laien ohne weitere Nachforschungen offenkundig sind, also die Rechtswidrigkeit für den Anbieter wie für jedermann leicht erkennbar ist. Auch nach ständiger Rechtsprechung besteht eine Haftung dann, wenn der Verletzte unter Darlegung des entsprechenden Sachverhalts ein Einschreiten verlangt und die Rechtsverletzung auch für einen juristischen Laien ohne weitere Nachforschungen offenkundig ist. In einem solchen Fall ist es dem Host-Provider auch zumutbar, Maßnahmen zur Verhinderung einer Fortsetzung der Rechtsverletzung vorzunehmen.

Pflicht des Host-Providers zur Entfernung offensichtlich rechtswidriger Inhalte

Aus § 16 Abs 1 Z 2 ECG (heute Art 6 DSA) ergibt sich die Verpflichtung des Host-Providers, bei Bekanntwerden offensichtlich rechtswidriger Inhalte die entsprechenden Beiträge zu entfernen, andernfalls er auch auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann; es kommt insofern lediglich darauf an, ob der Betreiber seiner Verpflichtung zur Entfernung im Sinn des § 16 Abs 1 Z 2 ECG nachkommt.

Rezension verletzt Ehre und Ruf des Klägers

Dem Kläger wird in der hier gegenständlichen Rezension zunächst vorgeworfen, dass der/die Bewerter/in bei einem Telefonat mit der Privatpraxis des Klägers mit einem „sehr unfreundlichen arroganten Tonfall“ (von wem ist nicht dargelegt) konfrontiert wurde, „zugehört wurde nicht musste die Frage wiederholen“. Weiters wird - negativ konnotiert - angeführt: „Wieder ein Privatarzt im Burgenland. Es ist schön langsam ein Armutszeugnis wie wenig Krankenkasseärzte es hier in der Nähe, kaum welche gibt. Ärzte die nur für Reiche leistbar sind, das widerspricht dem medizinischen hypokratischen Eid“. Zuletzt wird ausgeführt, dass „1 Stern berechtigt“ sei, “kein Verständnis mehr für profitgierige Fachärzte“.

Damit wird dem Kläger unterstellt, dass er seine berufliche Tätigkeit (als Wahlarzt) der ärztlichen Ethik widersprechend ausübe und profitgierig sei. Durch den Konnex mit der Ein-Stern-Bewertung - die sich auf den Kläger und auf dessen Wahlarzttätigkeit bezieht – geht die Beurteilung in ihrer Gesamtheit eindeutig über eine allgemeine Kritik an den am Markt der Privatärzte herrschenden Preisverhältnissen hinaus. Der Vorwurf der Profitgier und des Verstoßes gegen die ärztliche Ethik richtet sich konkret gegen den Kläger, mag die Kritik auch darüber hinaus auf „Privat“ärzte im Allgemeinen gemünzt sein. Diese Vorwürfe gegen den Kläger verletzten dessen Ehre und seinen Ruf als Arzt. Dies betrifft den Kernbereich seiner Persönlichkeitsrechte und ist weder einer Interessenabwägung zugänglich, noch einem Wahrheitsbeweis

Betreffend die ehrverletzende Bezeichnung des Klägers als „profitgierig“ hat die Beklagte zum Vorliegen eines diesbezüglichen Tatsachensubstrats weder Vorbringen noch Beweisanbote erstattet und wurden folglich auch keine Feststellungen getroffen. Dieser wertenden Kritik fehlt somit die Basis eines konkreten und wahren Sachverhalts. Sie unterliegt daher als Beschimpfung dem Tatbild des § 1330 Abs 1 ABGB.

Rechtsanwalt Bewertungen | Anwalt Rezensionen

RechtsanwaltDr. Johannes Öhlböck LL.M. berät und vertritt im Zusammenhang mit Rechtsfragen zu Bewertungen / Rezensionen im Internet