Staatsbürgerschaft Österreich – Voraussetzungen
Wer in Österreich Staatsbürger werden möchte, muss eine Vielzahl an Unterlagen vorlegen, etwa Lebenslauf, Reisepass, Geburtsurkunde, Aufenthaltstitel, Meldebestätigung (samt Nachweis des ununterbrochenen Aufenthaltes), Strafregisterauszug, Nachweis gesicherter Lebensunterhalt, Nachweis der Deutschkenntnisse, Staatsbürgerschaftsnachweis, usw. Nach Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen wird die Staatsbürgerschaft verliehen. In den Bundesländern verläuft dies in den allermeisten Fällen reibungslos. Anders in Wien, wo die Magistratsabteilung 35 (MA 35) für die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft zuständig ist.
Staatsbürgerschaft – MA 35 Wien, Säumnisbeschwerde
Die Verfahrensdauer der MA 35Verfahren ist überaus lange, überschreitet in Fällen, die ich als Rechtsanwalt betreue, regelmäßig die vom Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) vorgesehene Erledigungsdauer. Nach § 73 Abs 1 AVG sind Behörden verpflichtet, über Anträge spätestens 6 Monate nach Einlangen zu entscheiden. In der Zeit von 2016 bis 2019 hatte meine Kanzlei zehn Fälle zu bearbeiten, in denen diese Frist teilweise längst verstrichen war, ohne dass ein Bescheid erlassen wurde, obwohl eine Entscheidung urgiert wurde, sodass Säumnisbeschwerde erhoben werden musste. In jedem dieser zehn Fälle hat das Landesverwaltungsgericht die Säumnis bestätigt der MA 35, und damit die Verletzung der Entscheidungspflicht, bejaht.
Grund für überlange Verfahrensdauer – Organisation?
Die Wahrnehmungsberichte des Rechtsanwaltskammertages und der Volksanwaltschaft bestätigen diesen Umstand. Der Grund dafür liegt – gemessen an den mir vorliegenden Fällen – wahrscheinlich in der Organisation. Eingaben von Parteienvertretern werden teilweise nicht gelesen, was meiner Kanzlei ausdrücklich bestätigt wurde, da man „keine Zeit“ dafür habe. In einem Fall wurde es über 6 Wochen verabsäumt, einem Antrag eine Aktenzahl zu geben, was dazu führt, dass die Behörde (nach erteilter Information) für nicht zuordenbare Causen einen „Rundordner“ (gemeint Mistkübel) habe, wodurch viele Eingaben zu Gänze nicht bearbeitet werden. Ein Teil des Erledigungssystems der Behörde besteht darin, Staatsbürgerschaftswerbern aufzutragen, Belege vorzulegen, die bereits mehrfach vorgelegt wurden. Zudem werden mehrfach Nachweise gefordert, die allein durch behördliche Säumnis wieder „ungültig“ werden, wie etwa (ausländische und zu beglaubigende) Strafregisterauszüge. Dazu kommt, dass in vielen Fällen durch den Zeitablauf durch Eintritt der Volljährigkeit der Kinder eine Erstreckung der Staatsbürgerschaft auf dieselben nicht mehr möglich ist und neue Anträge gestellt werden müssen. Oftmals wechseln Sachbearbeiter und die Behörde ist nicht in der Lage Auskunft über den Stand der Bearbeitung zu geben.
Integration in Österreich – Eindruck auf potentielle Staatsbürger
All dies hat Auswirkungen auf Staatsbürgerschaftswerber, die gut integriert sind und den Fehler oft (fälschlich) bei sich suchen. Viele haben daher den Eindruck, dass sie in Österreich als Staatsbürger nichterwünscht sind. Sie haben in allen Fällen viele Mühen auf sich genommen, um die Voraussetzungen für die Erlangung der Staatsbürgerschaft nachzuweisen. Dennoch erfolgt keine Erledigung innerhalb der Fristen, sondern sie werden in der Regel nur vertröstet. In Österreich wird vielfach Kritik daran geübt, dass es in anderen Ländern, zB den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion oder den Ländern des Balkan keine ausreichende Rechtssicherheit geben würde und diese Länder, was das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit betreffe, nicht mit mitteleuropäischen Ländern vergleichbar seien. Wie aber sollen es Antragsteller anderen Ländern, die wir oft leichtfertig als „Dritte Welt“ bezeichnen aufnehmen, wenn deren Anträge auf Zuerkennung der österreichischen Staatsbürgerschaft nicht zeitnah bearbeitet werden?
Rechtsanwalt Staatsbürgerschaftsrecht
Rechtsanwalt Dr. Johannes Öhlböck LL.M. berät und vertritt Sie im Staatsbürgerschaftsrecht vor Behörden und Gericht.