"Ich wurde als Betrüger und Islamist bezeichnet“
Rechtsanwalt Dr. Johannes Öhlböck und ein von diesem vertretener Unternehmer in Wien mit Migrationshintergrund schildern einen Fall im Interview mit Luise Walchshofer (News):
„Es begann mit einem Mail an Politiker und Wirtschafts- treibende. Darin wurde mir vorgeworfen, Konzepte gestohlen und Mitbewerber bedroht zu haben. In einem Facebook-Posting hieß es, ich fordere für Österreich die Scharia (islamisches Gesetz, Anm.) und auf gefälschten Facebook-Profilen wurde ich beschimpft. Die unwahren Anschuldigungen haben mich sehr getroffen. Am meisten Angst hatte ich, dass meine Kinder unter dem Mobbing leiden. Kunden habe ich auch verloren. Als liberalen Muslim ärgert es mich, dass meine Religion hineingezogen wurde, zumal ich seit Jahren in Integrationsprojekten tätig bin. Die Täter fühlen sich im Internet in Sicherheit, aber das stimmt nicht. Zwei Personen habe ich mit Hilfe meines Anwalts Johannes Öhlböck geklagt und bereits einen Fall gewonnen. Die falschen Facebook-Profile haben wir löschen lassen. Wer dahinter steckt, das ermittelt die Polizei nach Anzeige bei der Staatsanwaltschaft.“
Internet - kein rechtsfreier Raum
„Viele Verursacher von Cyber-Mobbing scheinen zu glauben, dass sie im rechtsfreien Raum leben“, sagt Johannes Öhlböck, Anwalt und Experte für Internetrecht. „Die meisten Menschen wissen, dass sie niemanden vor laufender Kamera einen Trottel heißen sollen. Im Internet hat sich dieses Bewusstsein noch nicht durchgesetzt. Aber üble Nachrede und Kreditschädigung sind auch in sozialen Medien ein Straftatbestand.“
Vorgehen vor Gericht und Löschung auf Facebook
Der Wiener Unternehmer Ergün K. ging sogar vor Gericht, um seinen guten Ruf wiederherzustellen. Er wurde im Internet als Betrüger bezeichnet, der Mitbewerber bedroht habe. Ergün K. hat einen Prozess bereits gewonnen, gefälschte Facebook-Profile, auf denen er beschimpft wurde, ließ er löschen. Denn wenn Profile gegen die Nutzungsbestimmungen des Konzerns verstoßen, werden sie gelöscht. So besagt eine Richtlinie: „Du wirst Facebook nicht verwenden, um rechtswidrige, irreführende, bösartige oder diskriminierende Handlungen durchzuführen.“
Das Internet vergisst nicht
Doch weil verschiedene Medien die Anschuldigungen aufgegriffen haben, ist die leidige Sache für Ergün K. noch lange nicht ausgestanden. „Wenn man meinen Namen googelt, findet man immer noch diffamierende Einträge“, so der Unternehmer. Das größte Problem des Internets ist, dass es nicht vergisst. „Früher wurde man auf der Bassena beleidigt, das haben nicht allzu viele Menschen gehört und irgendwann haben sie es vergessen“, sagt Anwalt Öhlböck. „Auf Google findet man aber auch Dinge, die vor vielen Jahren passiert sind, als ob sie jetzt gerade geschehen würden.“
Vorgehen bei Shitstorm und Hassposting
Betroffene von Shitstorm, Cybermobbing oder Stalking sind nicht schutzlos und müssen nicht Opfer bleiben. Gegen bekannte Täter kann mittels zivilrechtlicher Unterlassungsklage oder strafrechtlich vorgegangen werden. Ist der Täter unbekannt, kommt eine Strafanzeige gegen unbekannte Täter oder ein Aufforderungsschreiben an den Website-Betreiber in Frage. In bestimmten Fällen kann mittels Löschungsantrag an die Suchmaschine (Recht auf Vergessen) vorgegangen werden.