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Recht auf Vergessenwerden, Löschung aus Google (BGH)

Recht auf Vergessenwerden - Löschung aus Google - Rechtsanwalt
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Der deutsche BGH hat sich in zwei Entscheidungen mit dem Recht auf Vergessenwerden auseinandergesetzt (27. Juli 2020 - VI ZR 405/18 und VI ZR 476/18). In beiden Fällen ging es um die Löschung von Inhalten auf Google, konkret um negative Presseartikel sowie Websites und Bilder („thumbnails“) die bei der Suche nach dem Namen einer Person angezeigt werden.

Negative Presseartikel auf Google löschen?

Im Verfahren VI ZR 405/18 trat der Geschäftsführer eines Regionalverbandes einer Wohlfahrtsorganisation als Kläger auf. Die regionale Tagespresse berichtete 2011 über ein finanzielles Defizit des Regionalverbandes von knapp einer Million Euro und darüber, dass der Kläger sich kurz davor krank meldete. Sein voller Name wurde genannt und der Artikel wurde bei der Suche auf Google nach seinem Namen gefunden.

 

Der Mann begehrte Unterlassung und erhob Klage. Nach Ansicht des deutschen BGH ist in dieser Sache das Recht auf Löschung - Recht auf Vergessenwerden (Art 17 Abs 1 DSGVO) nicht anwendbar.

Verantwortlich dafür ist die umfassende Grundrechtsabwägung, die er vornahm. Zu berücksichtigen waren alle relevanten Umstände des Einzelfalles, die Schwere des Eingriffs in die Grundrechte des Betroffenen aber auch in die Grundrechte der Beklagten, der Interessen der Leser und der Öffentlichkeit sowie die Grundrechte der Anbieter der in den beanstandeten Ergebnislinks nachgewiesenen Inhalte. Dabei war die Meinungsfreiheit als unmittelbar betroffenes Grundrecht in die Abwägung einzubeziehen, sodass keine Vermutung eines Vorrangs der Schutzinteressen des Betroffenen gilt, sondern die sich gegenüberstehenden Grundrechtegleichberechtigt miteinander abzuwägen waren. Nach diesen Grundsätzen haben die Grundrechte des Klägers auch unter Berücksichtigung des Zeitablaufs hinter den Interessen der Beklagten, deren Nutzer, der Öffentlichkeit und der für die verlinkten Zeitungsartikel verantwortlichen Presseorgane zurückzutreten. Der fortdauernden Rechtmäßigkeit der verlinkten Berichterstattung kommt dabei entscheidungsanleitende Bedeutung für das Auslistungsbegehren gegen die Beklagte zu.

Inhalte und Vorschau-Bilder („thumbnails“) auf Google löschen

Die zweite Entscheidung (VI ZR 476/18) betraf Gesellschaften, die Finanzdienstleitungen anbieten. Der Kläger ist an diesen beteiligt oder in verantwortlicher Position tätig. Die Klägerin ist seine Lebensgefährtin und war Prokuristin einer der Gesellschaften. Beklagte ist die Betreiberin der Suchmaschine Google. Inhaltlich ging es um die Webseite eines US-amerikanischen Unternehmens. Das Ziel des US-Unternehmens ist es, durch Aufklärung und Transparenz zur Betrugsprävention in Wirtschaft und Gesellschaft beizutragen. Auf der US-Website erschienen Jahr 2015 mehrere Artikel, die sich kritisch mit dem Anlagemodell einzelner der Gesellschaften auseinandersetzten. Einer dieser Artikel war mit Fotos der Kläger bebildert. Über das Geschäftsmodell des US-Unternehmens (Websitebetreiber) wurde seinerseits kritisch berichtet, u.a. mit dem Vorwurf, sie versuche, Unternehmen zu erpressen, indem sie zunächst negative Berichte veröffentliche und danach anbiete, gegen ein Schutzgeld die Berichte zu löschen bzw. die negative Berichterstattung zu verhindern. Die Kläger machen geltend, erpresst worden zu sein. Sie begehren von Google, es zu unterlassen, die genannten Artikel bei der Suche nach ihren Namen und den Namen verschiedener Gesellschaften in der Ergebnisliste anzuzeigen. Zudem begehrten sie, dass Fotos von ihnen als Vorschau-Bilder (thumbnails)angezeigt werden. Google hat erklärt, die Wahrheit der in den verlinkten Inhalten aufgestellten Behauptungen nicht beurteilen zu können.

Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren ausgesetzt und dem europäischen Gerichtshof (EuGH) zwei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Bei der ersten Frage geht es darum, ob es dem Betroffenen zumutbar ist, Rechtsschutz (zB Einstweilige Verfügung) gegen den Inhalteanbieter (Website des US-Unternehmens) zu erlangen und damit die Frage der Wahrheit des vom Suchmaschinenverantwortlichen nachgewiesenen Inhalts einer zumindest vorläufigen Klärung zuführen zu können.

Die zweite Frage betrifft das Auslistungsbegehrens zur Namenssuche nach Fotos und die dabei angezeigten Vorschaubilder („thumnails“). Konkret geht es darum, ob im Rahmen der Rechteabwägung der Kontext der ursprünglichen Veröffentlichung des Dritten maßgeblich zuberücksichtigen ist, auch wenn die Webseite des Dritten bei Anzeige des Vorschaubildes durch die Suchmaschine zwar verlinkt, aber nicht konkret benannt und der sich hieraus ergebende Kontext nicht mit angezeigt wird.

Fazit: Recht auf Vergessenwerden und Recht auf Löschung bei Google

Aus der Entscheidung VI ZR 405/18 ergibt sich, dass die Meinungsfreiheit gleichberechtigt mit den Schutzinteressen des Betroffenen abzuwägen ist und es keinen Vorrang in die eine oder andere Richtung gibt. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass der Einzelfall maßgebend ist. Betroffenen ist zudem anzuraten, zeitnah, gegen nachteilige Inhalte vorzugehen. Die zweite Entscheidung (VI ZR 476/18) wird – nach Entscheidung des EuGH – Klärung zur Frage bringen, ob in Fällen, in denen über den Wahrheitsgehalt von Behauptungen gestritten wird, eine Seite eine einstweilige Verfügung erwirken und damit eine vorläufige Klärung herbeiführen könnte.

Rechtsanwalt - Recht auf Vergessenwerden und Löschung bei Google

Rechtsanwalt Dr. Johannes Öhlböck LL.M. berät und vertritt im Internetrecht bei Rechtsfragen rund um das Recht auf Vergessenwerden und Löschung von Inhalten (Auslistung) aus Suchmaschinen.