Triathlet fordert Rückerstattung von für Wettkämpfe vorfinanzierten Kosten
Der Kläger ist Profi-Triathlet und „Kaderathlet“ beim beklagten Triathlonverband (Dachverband), nicht aber dessen Mitglied. Die Parteien schlossen 2013 eine „Athletenvereinbarung“ ab, die in Punkt 4.5 vorsieht, dass für den „Kaderathleten“ eine Jahreslizenz beim beklagten Verband verpflichtend ist. Eine solche Jahreslizenz kann nur von einem Mitgliedsverein des Verbandes über die Online-Datenbank beantragt werden. Der Triathlet begehrte mit Klage vom 02.04.2019 die Rückerstattung von Kosten, die er im Jahr 2017 und 2018 für die Teilnahme an Wettkämpfen vorfinanziert habe und argumentierte, dass der Dachverband entgegen der Athletenvereinbarung lediglich einen geringen Teil überwiesen habe.
Erstgericht weist Klage zwei Mal wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges ab
Im ersten Rechtsgang wendete die Beklagte Unzulässigkeit des Rechtsweges ein. Anzurufen sei das Tribunal Arbitral du Sport (CAS) in Lausanne, das in der Athletenvereinbarung genannt sei. Das Erstgericht (LG Linz) folgte dem Einwand, der nach Rekurs des Klägers vom Oberlandesgericht Linz verworfen wurde. In der Folge wies das Erstgericht die Klage im zweiten Rechtsgang erneut wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges ab und begründete dies damit, dass eine Streitigkeit aus dem Vereinsverhältnis vorliege und der vereinsinterne Instanzenzug nicht eingehalten wurde. Nach Rekurs des Klägers bestätigte das OLG Linz die Entscheidung des Erstgerichtes, erklärte allerdings den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, da es an oberstgerichtlicher Rechtsprechung zur Frage fehle.
OGH: Rechtsweg zulässig
Der Oberste Gerichtshof hielt zunächst fest, dass Streitigkeiten aus der Vereinsverhältnis nach § 8 Abs 1 Vereinsgesetz vor einer Schlichtungseinrichtung auszutragen sind und der Rechtsweg erst nach Ablauf von sechs Monaten ab Anrufung offensteht. Für die Beurteilung der Frage, ob der konkret geltend gemachte Anspruch aus dem Vereinsverhältnis resultiert, ist maßgebend, ob eine vermögensrechtliche Streitigkeit in der Vereinsmitgliedschaft wurzelt oder diese ohne vereinsmäßige Verbundenheit der Parteien typischerweise nicht denkbar wäre. Eine derartige vereinsmäßige Verbundenheit wurde nicht behauptet und ergab sich auch nicht aus dem Akteninhalt. Der Kläger machte aus einer eigenen vertraglichen Vereinbarung (der Athletenvereinbarung) mit dem beklagten Dachverband – einem Verein – resultierende Ansprüche geltend, ohne dass seine allfällige Mitgliedschaft zu einem „Basisverein“ dafür unmittelbare Grundlage gewesen wäre.
Rechtfertigung für vereinsinterne Schlichtung nur bei Unterwerfung
Die Obliegenheit zum Abwarten eines vereinsinternen Schlichtungsverfahrens ist grundsätzlich nur dort sachlich gerechtfertigt ist, wo sich der Rechtssuchende einer solchen Fremdbestimmung unterworfen hat. Das trifft auf Mitglieder des betreffenden Vereins regelmäßig zu, haben sie nicht nur dessen Satzung bei ihrem Beitritt akzeptiert, sondern im Rahmen ihrer Mitgliedschaftsrechte auch die Möglichkeit, auf deren Änderung hinzuwirken. Zudem können sie sich typischerweise auch an der Willensbildung zur personellen Besetzung der Vereinsorgane – und dabei auch der Schlichtungseinrichtung – beteiligen. Damit wird im Verhältnis zu Vereinsmitgliedern – und auch in Streitfällen mit dem Verein selbst – nicht nur die anzustrebende Äquidistanz, sondern im Regelfall auch die Akzeptanz der Entscheidung der Schlichtungseinrichtung hergestellt, was es rechtfertigt, vor Befassung staatlicher Gerichte (oder „echter“ Schiedsgerichte) einen obligatorischen vereinsinternen Schlichtungsversuch vorzusehen und die Gerichte nur dann zu belasten, wenn eine Schlichtung innerhalb einer bestimmten Frist nicht gelingt.
Ausdehnung nicht gerechtfertigt
Nach Ansicht des Höchstgerichtes war es daher nicht gerechtfertigt, das innerhalb eines Vereins angeordnete (temporäre) Rechtsweghindernis auch auf Fälle auszudehnen, in denen die Streitteile in keinem unmittelbaren Vereinsverhältnis stehen, und damit zugleich einer Partei die Schlichtungseinrichtung ihres eigenen Vereins zu entziehen. Die Anordnung einer solchen Rechtsfolge wäre Sache des Gesetzgebers und nicht der Auslegung der Gerichte.
Rechtsweg zulässig - neuerliche Entscheidung des Erstgerichtes
Für den, der nicht Mitglied des Vereins ist, mit dem er in Streit liegt, gilt die Hürde des § 8 Abs 1 VerG 2002, dass bei sonstiger Unzulässigkeit des Rechtswegs zunächst die vereinsinterne Schlichtungsinstanz anzurufen ist, grundsätzlich nicht, wenngleich sich Nichtmitglieder vertraglich einem Verbandregelwerk unterwerfen können. Die mangelnde Klagbarkeit wegen Nichtausschöpfung des vereinsinternen Rechtszugs kann nur über entsprechenden Einwand wahrgenommen werden. Einen solchen Einwand hat der Dachverband nicht erhoben, sondern vielmehr zugestanden, dass er auf die vorherige Einberufung seines „Schiedsgerichts“ (gemeint seiner Schlichtungseinrichtung) gemäß Abs 9 der „Athletenvereinbarung“ verzichtet habe. Der OGH sprach daher abschließend aus, dass der Rechtsweg entgegen der Ansicht der Vorinstanzen zulässig war und gab dem Revisionsrekurs des Triathleten Folge und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung unter Abstandnahme vom Zurückweisungsgrund der Unzulässigkeit des Rechtswegs auf (OGH 26.03.2020, 1 Ob 42/20p).
Rechtsanwalt Sportrecht
Rechtsanwalt Dr. Johannes Öhlböck LL.M. berät und vertritt Sportler und Kaderathleten bei Streitigkeiten im Sportrecht.