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Leonie - Urteil: Mord

Mord Strafrecht Leonie Vergewaltigung Opfervertretung

Der Fall Leonie ging am 02.12.2022 dem Urteil zu Ende. Am siebten Verhandlungstag erging nach den Plädoyers von Staatsanwaltschaft, Privatbeteiligtenvertretern und Verteidigung das Urteil. Alle drei Angeklagten wurden wegen Mordes und Vergewaltigung zu langen Haftstrafen (lebenslang, 20 Jahre, 19 Jahre) verurteilt.

Staatsanwaltschaft: Höchststrafe gerechtfertigt

Die Staatsanwältin ließ in ihrem Plädoyer das Verfahren Revue passieren, fasste die wesentlichen Vefahrensergebnisse zusammen und rollte das Strafverfahren akribisch auf. Danach haben die drei Angeklagten einen gemeinsamen Tatplan umgesetzt und im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter gehandelt. Das Beweisverfahren hat ergeben, dass die ursprüngliche nicht von der Anklage vorgesehene Frage nach Mord zu stellen war und die Höchststrafe aufgrund der Vielzahl von Erschwerungsgründen gerechtfertigt sei, da Leonie in Missbrauchsabsicht unter Drogen gesetzt und dann von allen Angeklagten missbraucht wurde und den Drogencocktail nicht überlebt hat

Plädoyer Opfervertretung

Zunächst stellte RA Mag. Florian Höllwarth das Delikt des Mordes dar und ging auch auf die gesellschaftliche und politische Tragweite des Falles ein. In seinem Plädoyer ist Dr. Johannes Öhlböck als Anwaltder Geschwister von Leonie auf die Zahl der Morde an Frauen in Österreich eingegangen. 2021 wurden 63 Frauen ermordet worden. Jeden sechsten Tag musste eine Frau sterben. Die Tötung von Leonie am 26.6.2021 erfasst die Statistik nicht. Leonie war noch keine Frau. Sie war 13 Jahre alt: ein Mädchen, ein Kind, eine Schwester, eine Schulkollegin in der Neuen Mittelschule in Tulln. Sie ging dort in die dritte Klasse. Heuer hätte Leonie ihren 15. Geburtstag gefeiert. Der Vater von Leonie hat einen Brief für die Geschworenen übergeben, aus dem Dr. Öhlböck Teile vorgelesen habe:

"Als wir am 27.06.21 erfahren haben, dass Leonie tot ist, ist eine Welt für mich zusammengebrochen. Es war plötzlich alles anders. Eine unendliche Leere, ich wollte eigentlich nur tot sein damit ich diese Hölle auf Erden nicht mehr ertragen muss. Und ich wollte zu Leonie, damit wo auch immer sie ist, sie dort nicht alleine ist. Man findet zum Glauben irgendwie zurück, und der hat sich verstärkt als ich Leonies Zimmer gemacht und dort eine Bibel gefunden habe. Irgendwie wurde mir da klar, sie ist auf keinen Fall alleine, und es heisst ja auch wenn man stirbt, trifft man seine Angehörigen wieder. Und meine Mutter ist ja schon gestorben. Also ist zumindest eine Person bei ihr. Und mich hat es verändert: Die Suizid-Gedanken sind verschwunden. Weil Suizid im christlichen Glauben eine Sünde ist, und ich würde nicht zu Leonie kommen, sondern in die Hölle. Aber die Leere ist geblieben, und sie wurde nicht besser. Im Gegenteil es wurde alles schlimmer. Als Leonie gestorben ist, bin ich mit ihr gestorben. Ich kann meinen Geburtstag nicht mehr feiern, weil es für mich nichts zu feiern gibt. Versuch das mal deinen Kindern und deiner Frau zu erklären. Dann kam der Geburtstag von Leonie. Ich bin in der früh aufgestanden und hab mal eine Stunde geweint. Es ist unerträglich zu wissen, eigentlich würde es jetzt das Geburtstagsfrühstück geben, aber Leonie kommt nicht zu Tisch. Eigentlich einer der schönsten Tage im Jahr: dein Kind hat Geburtstag, und dieser Tag ist von nun an der größte Albtraum. Und die Zeit vergeht an diesem Tag auch nicht.

Wir 6 sind alle am Ende
• Psychiatrie Stationär
• Psychotherapie
• Epilepsie
• …
• Psycho-Reha

Es bleibt eine unendliche Trauer die wohl nie zu Ende gehen wird."

Angeklagte: Letztes Wort

Das letzte Wort stand - nach den Plädoyers der Verteidigung - den Angeklagten zu. Sie liessen keine Reue erkennen und belasteten einander wiederum teilweise gegenseitig.

Urteil: Mord, Mord durch Unterlassung und Vergewaltigung und Privatbeteiligtenzuspruch

Nach langer Beratung fällten die Geschworenen ihr Urteil, das in den frühen Abendstunden verkündet wurde. Der Erstangeklagte wurde wegen Mordes und Vergewaltigung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Der Zweit- und der Drittangeklagte erhielten eine Freiheitsstrafe von 20 und 19 Jahren, wegen Vergewaltigung und Mord durch Unterlassung. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, da die Staatsanwaltschaft keine Erklärung abgab. Von den Angeklagten gab es unterschiedliche Erklärungen. So erbat sich der Erstangeklagte drei Tage Bedenkzeit. Der Zweitangeklagte nahm das Urteil an, und der Drittangeklagte meldete Strafberufung an. Der Familie von Leonie wurde Schmerzengeldin Form von Trauerschmerzengeld zugesprochen. Den Eltern stehen (theoretisch) je EUR 30.000,00 den Geschwistern je EUR 20.000,00 zu. Die Vorsitzende begründete die Strafhöhe damit, dass sie Schuld und Unrecht der Tat angemessen berücksichtigt und die Angeklagten zwei Verbrechen zu verantworten haben, darunter mit Mord das schwerste Verbrechen in unserer Rechtsordnung. Die Art, wie die Tathandlung ausgeführt wurde, rechtfertigt, die Strafe. Leonie sei wie ein Objekt behandelt worden und die Täter hätten eine auffallende Gleichgültigkeit gegenüber dem Leben anderer, dem Leben von Leonie, an den Tag gelegt. Von den Geschwistern und Eltern von Leonie fällt eine schwere Last. Das Verfahren ist beendet. Die Täter erhielten die für sie vorgesehenen Höchststrafen.