Privatbeteiligtenvertreter für die vier Geschwister von Leonie
Rechtsanwalt Dr. Johannes Öhlböck LL.M. vertritt die vier Geschwister von Leonie als Privatbeteiligtenvertreter / Opferanwalt im Strafverfahren. Die Eltern werden von Rechtsanwalt Mag. Florian Höllwarth vertreten. Je Geschwisterkind wurde Trauerschmerzengeld geltend gemacht. Der Betrag orientiert sich an der bisher ergangenen Rechtsprechung zum Trauerschmerzengeld bzw Schadenersatz. Anerkannt wurde er von den Angeklagten nicht. Selbst wenn er zugesprochen werden sollte, gehe ich nicht davon aus, dass die Forderung einbringlich sein wird.
Anklage in Sachen Leonie
Im Fall Leonie sind drei aus Afghanistan stammende Männer angeklagt. Die Anklage wirft ihnen vor, dass sie Leonie mit Gewalt zur Duldung des Beischlafes genötigt haben, indem sie ihr unbemerkt 7 Stück Ecstasy-Tabletten (Wirkstoff MDA) in ein Glas mischten und ihr die Flüssigkeit zum Trinken gaben, sie in weiterer Folge an den Oberarmen packten und anschließend mit der durch die MDA-Überdosierung stark beeinträchtigten und völlig wehrlosen Leonie unter Ausnützung dieses Zustandes nacheinander den Geschlechtsverkehr vollzogen, wobei Leonie schließlich durch die Suchtmittelvergiftung (MDAIntoxikation) erstickte, sodass die Tat letztlich den Tod der vergewaltigten Leonie zur Folge hatte. Sie haben danach das Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und Abs 2 letzter Fall StGB und das Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB begangen. Dem ursprünglich nach England geflüchteten Erstangeklagten droht aufgrund seines Alters eine Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren oder eine lebenslange Freiheitsstrafe. Dem Zweitangeklagten (Wohnungsbesitzer) und dem Drittangeklagten (angeblicher Freund) droht eine Freiheitsstrafe von 10 bis 20 Jahren, da sie im Tatzeitpunkt zwar schon volljährig, aber noch nicht 21 Jahre alt waren.
Die Verantwortung der Angeklagten
Die Angeklagten haben sich in den ersten drei Verhandlungstagen bislang inhaltlich nicht geständig verantwortet. Es ist allerdings gelungen, diese Verantwortung in der Befragung in ihrer Glaubwürdigkeit zu erschüttern. Sie widersprachen sich teils selbst, im Verhältnis zu ihren eigenen Aussagen vor der Polizei und der Haft- und Rechtsschutzrichterin und teils auch in ihrer Aussage in der Hauptverhandlung. Zudem standen ihre Einvernahmen zueinander im Widerspruch. Sie belasteten sich wechselseitig selbst. Keiner wollte etwas mit der Tat zu tun haben. Gewalt war danach keine im Spiel. Alles sei freiweillig gewesen. Eine Erklärung für den Tod von Leonie hatten sie allesamt nicht, wollten aber allesamt Leonie Erste Hilfe durch Herzdruckmassage geleistet haben. Sie beschworen allerdings allesamt in der Hauptverhandlung die Wahrheit zu sagen. Die Verantwortung der Angeklagten war damit nicht schlüsslig nachvollziehbar.
Video: Vorführung unter Ausschluss der Öffentlichkeit
In der Verhandlung wurde nach Antrag der Staatsanwaltschaft unter Ausschluss der Öffentlichkeit auch ein Video vorgeführt, das in der I-Cloud des Erstangeklagten sichergestellt wurde und am 26.06.2021 um 05:57 Uhr aufgenommen wurde. Nach § 229 Abs 1 Z 2 Strafprozessordnung (StPO) kann die Öffentlichkeit vor Erörterung des persönlichen Lebens- oder Geheimnisbereiches eines Angeklagten, Opfers, Zeugen oder Dritten in einer Hauptverhandlung ausgeschlossen werden. Der Ausschluss der Öffentlichkeit hat zur Folge, dass über den Inhalt bei Strafe (§ 301 StGB, verbotene Veröffentlichung) nicht berichtet werden.
belastende Gutachten
Nach Wiederherstellung der Öffentlichkeit wurden die Sachverständigen befragt. Dabei wurde die Verantwortung der Angeklagten gänzlich unglaubwürdig. Durch die Verlesung und Erörterung der Sachverständigengutachten (Toxikologie, Gerichtsmedizin, Gynäkologie, Forensik, Faserspuren) wurde klar, dass sich die Tat ebenso zugetragen haben muss, wie die Staatsanwaltschaft sie zur Anklagte gebracht hat. Die Gutachter liessen keinen Zweifel daran offen, dass die Angeklagten den Tod von Leonie zu verantworten haben.
Ausblick
Am 30.09.2022 folgt ein Gutachten zum Alter des Drittangeklagten (zumal dieser bestreitet 18 Jahre alt zu sein, um in den Genuss des Jugendstrafrechts zu gelangen) sowie die Einvernahme der ersten Zeugen, nämlich dem Fahrer, der Leonie nach Tulln brachte, der besten Freundin, des ursprünglich Viertangeklagten sowie der Ersthelferin.