Rücksichtnahme als Vorgabe im Nachbarrecht
Das Gesetz schreibt vor, was in einer zivilisierten Gesellschaft selbstverständlich sein sollte. Nach § 364 Abs 1 ABGB haben nämlich "die Eigentümer benachbarter Grundstücke bei der Ausübung ihrer Rechte aufeinander Rücksicht zu nehmen."
Immissionen
Abs 2 dieser Bestimmung regelt nachfolgend die sogenannten Immissionen. Darunter versteht das Gesetz unwägbare, mittelbare Einflüsse und Beeinträchtigungen des nachbarlichen (Grund)Eigentums durch Rauch, Gase, Lärm / Geräusch, Wärme, Geruch, Erschütterung oder ähnliche (!) Einwirkungen. Derartige Immissionen kann der Eigentümer einer Liegenschaft kann seinem Nachbarn untersagen, falls sie das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten und die ortsübliche Benutzung des Grundstückes wesentlich beeinträchtigen. Unmittelbare Zuleitung ist ohne besonderen Rechtstitel unter allen Umständen unzulässig. Darüber hinaus kann der Grundstückseigentümer einem Nachbarn die von dessen Bäumen oder anderen Pflanzen ausgehenden Einwirkungen durch den Entzug von Licht oder Luft untersagen.
Beispiel Klavierspiel
Selbst Musik war bereits Thema der Rechtsprechung zum Recht der Immissionen (OGH 21.12.1999 1 Ob 6/99k). Danach ist Klavierspiel in Wohnvierteln üblich, soweit es nicht während der üblichen Ruhestunden (Mittagszeit, Nachtzeit) betrieben wird und damit keine verbotene Immission. Bei Beantwortung der Frage, ob jemand in der ortsüblichen Benützung seiner Wohnung wesentlich beeinträchtigt wird, ist als Maßstab das Empfinden eines verständigen Durchschnittsbenützers dieser Wohnung anzulegen. Beim Zusammenleben mehrerer Personen in einem Haus sind dadurch bedingte Unannehmlichkeiten grundsätzlich in Kauf zu nehmen; es ist ein akzeptabler Ausgleich der gegenläufigen Interessen zu finden. Auf die besondere Empfindlichkeit einer Person ist nicht Bedacht zu nehmen. Besondere Umstände (Krankheit, Aufenthalt von Kleinkindern) können eine besondere nachbarrechtliche Rücksichtnahme gebieten.
Rechtsanwalt
Im Interview mit Marvin Wolf analysiert Rechtsanwalt Dr. Johannes Öhlböck LL.M. für ORF konkret Rechtsfragen zum Thema Immissionen