Sachverhalt – Bewerbung um die Leitung einer Sektion
Ein Spitzenposten im öffentlichen Dienst war zu besetzen. Die Leitung der neu eingerichteten Sektion IV „Verkehr“ im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, wurde am 29.04.2011 ausgeschrieben. Mehrere Personen bewarben sich. Darunter der Beschwerdeführer und jene Frau, die die Stelle erhielt. Die Begutachtungskommission sprach dem Beschwerdeführer (Mann) die beste Eignung zu. Das Ministerium ging davon aus, dass der Beschwerdeführer und die Bewerberin (Frau)gleich gut geeignet waren und zog diese nach dem Frauenförderungsgebot des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes (B-GlBG) vor. Die Bundes-Gleichbehandlungskommission erstattete ein Gutachten. Danach war die Bevorzugung der Frausachlich nicht nachvollziehbar, sodass die Anwendung des Frauenförderungsgebotes des § 11c B-GlBG eine Diskriminierung des Beschwerdeführers auf Grund des Geschlechtes darstellt.
Erster Rechtsgang – kein Parteiengehör
Der Beschwerdeführer stellte, nachdem ihm die nachfolgende Sektionschefin vorgezogen wurde, einen Antrag auf Entschädigung. Das belangte Ministerium wies den Antrag ab. Der Beschwerdeführer wandte sich an den VwGH. Dieser gab dem Beschwerdeführer aufgrund eines Formalfehlers (Ministerium hatte kein Parteiengehör eingeräumt) vollinhaltlich Recht, hob den Bescheid auf und verpflichtete das Ministerium zum Kostenersatz (2013/12/0060, 16.09.2013), was eine Wiederholung des Verfahrens nach sich zog.
Zweiter Rechtsgang – Diskriminierung und Schadenersatz
Im zweiten Rechtsgang wies das Ministerium den Entschädigungsantrag des Beschwerdeführers neuerlich ab. Dagegen wandte sich der Beschwerdeführer an das Bundesverwaltungsgericht und forderte den Ersatz eines konkreten Vermögensschadens in Form von Verdienstentgang für den Zeitraum der Besetzung der Planstelle des Sektionsleiters (§ 18a Abs. 2 Z 1 B-GlBG) und Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung (§ 19b B-GlBG). Das BVwG folgte der Argumentation des Beschwerdeführers (W213 2009768-1, 14.09.2017) und sprach Verdienstentgang zu. Darüber hinaus erkannte das Gericht auf Zahlung einer Entschädigung wegen der erlittenen persönlichen Beeinträchtigung, um den durch die Diskriminierung im beruflichen Umfeld bewirkten Ansehensverlust sowie die dadurch erlittene persönlichen Beeinträchtigung angemessen zu entschädigen.
Begründung: "auszuwählende Kanditatin ... bereits vor dem Hearing festgestanden"
Bemerkenswert sind die Ausführungen in der Begründung der Entscheidung des BVwG, das den Gang des Besetzungsverfahrens wie folgt wertet:
Sowohl aufgrund der vorgelegten Akten sowie der ergänzenden Ermittlungen des BVwG, insbesondere der mündlichen Verhandlung, ist der Anschein gegeben, dass bereits vor Einlangen der Bewerbungen bzw. vor Durchführung des Hearings eine Tendenz hinsichtlich des auszuwählenden Kandidaten bestanden hat. Es ist ein gewisses Muster erkennbar, dass die ernannte Mitbewerberin von Beginn an den anderen Bewerbern gegenüber bevorzugt wurde. So wurde auch beispielsweise bereits vor Erlassung des Bescheides über die Auswahlentscheidung in den Medien (unter namentlicher Nennung der Mitbewerberin) berichtet, dass die neue Sektionschefin bereits feststehe (siehe der Standard, 28.07.2011, Supersektionschefin fürs Verkehrsministerium); dem Ersuchen der B-GBK an das BMVIT, mit der definitiven Stellenbesetzung bis zur Erstellung des Gutachtens der B-GBK zuzuwarten, wurde nicht nachgekommen; der Vorsitzende der Begutachtungskommission nahm bereits vor dem Bewerbungsverfahren mit dem ehemaligen Vorgesetzten der Mitbewerberin Kontakt auf, während er sich bei Vorgesetzten der anderen Bewerber nicht informierte; schließlich auch die Aussagen der Vorsitzenden der Arbeitsgruppe für Gleichbehandlungsfragen, wonach die Entscheidung so schnell wie nie zuvor gefallen sei und wonach ihrer Wahrnehmung nach die auszuwählende Kandidatin bereits vor dem Hearing festgestanden sei.
VwGH: Entscheidung zur Diskriminierung und Schadenersatz bestätigt
Das Ministerium wendete sich mit Revision an den Verwaltungsgerichtshof und bekämpfte die Entscheidung des BVwG nur dem Grunde nach, aber nicht der Höhe nach.
Der VwGH (2017/12/0016, 19.02.2018) folgte den Ausführungen des BVwG wonach eine gleiche Eignung nicht vorlag und entschied damit inhaltlich zugunsten des Beschwerdeführers, dem das Ministerium Schadenersatz zu zahlen und Kosten zu ersetzen hat.
Rechtsanwalt
Dr. Johannes Öhlböck LL.M. berät und vertritt in streitigen Verfahren vor österreichischischen Gericht und Behörden.