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Gehaltsobergrenzen im Fußball - rechtlich zulässig ?

Gehaltsobergrenzen im Fußball im Lichte von Kartellrecht
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Karl-Heinz Rummenigge hat sich für Gehaltsobergrenzen (salary caps) im Fußball ausgesprochen. Eine Deckelung der Gehälter steht im Widerspruch mit dem EU-Wettbewerbsrecht, das drastische Sanktionen im Falles eines Verstoßes vorsieht.

Neymar wanderte im August 2017 für die Rekordablösesumme von 222 Mio. Euro vom FC Barcelona zu Paris Saint-Germain ab. Knapp danach einigte sich der FC Barcelona mit Borussia Dortmund auf einen Transfer von Ousmane Dembélés für eine Ablösesumme von 105 Mio. Euro, die ihn gemeinsam mit Paul Pogba hinter Neymar zum bislang zweitteuersten Transfer machte und sich durch Bonuszahlungen um rund 40 Prozent, also 42 Mio. Euro, auf insgesamt 147 Mio. Euro erhöhen kann. Beim FC Barcelona erhielt Dembélé einen Fünfjahresvertrag. Die festgelegte Ablösesumme bei vorzeitigem Ausstieg beträgt 400 Mio. Euro. Schon nach dem Transfer von Neymar wurden für den europäischen Fußball Gehaltsobergrenzen (salary caps) gefordert. Karl-Heinz Rummenigge sprach eine Chance für eine Deckelung der Gehälter an, wenn Fußballern - wie in den USA - ein "spezieller Status" zugestanden werde. Besteht diese Chance wirklich?

Jean-Marc Bosman als Meilenstein für das Transferrecht im Fußball

Das EU-Kartellrecht und die vier Grundfreiheiten des EU-Rechts (freier Warenverkehr, Personenfreizügigkeit, Dienstleistungsfreiheit, Freier Kapital- und Zahlungsverkehr) gelten auch für den Fußball in Europa. Der Europäische Gerichtshof hat dies in einem wegweisenden Urteil im Fall Jean-Marc Bosman (15.12.1995, C-415/93) entschieden. Nach diesem Urteil blieb kein Stein mehr auf dem anderen und das Transfersystem hat sich grundlegend geändert.

Salary Caps als Verstoß gegen EU-Kartellrecht

Jede neue Regelung, die eine Deckelung von Gehältern der Fußballspieler (salary cap) vorsieht, ist am Maßstab des EU-Kartellrechtes, konkret Art 101 Abs 1 AEUV (Kartellverbot) zu prüfen. Das Kartellverbot verbietet Beschränkungen des Wettbewerbs. Hierzu gehören etwa Preisabsprachen, Wettbewerbsverbote, oder Marktaufteilungen. Wenn ein Fußballclub oder ein Fußballverband Salary Caps einführt, wird bewusst darauf verzichtet, die Kalkulation unabhängig durchzuführen. Verbände und Vereine würden damit den Wettbewerb um die besten Spieler beeinflußen. Spieler und die Spielermanger (Spielervermittler) könnten damit nicht mehr jene Beträge aushandeln, die bei freiem und unverfälschten Wettbewerb erzielbar wären. Salary Caps würden damit mit hoher Wahrscheinlichkeit eine künstliche Preissenkung und einen künstlichen Nachfragerückgang bewirken.

Liegt ein Verstoß gegen das Kartellverbot vor, greift die Rechtsfolge von Absatz 2, die regelt, dass die nach diesem Artikel verbotenen Vereinbarungen oder Beschlüsse nichtig sind. Zudem ist die Sanktion der Geldbuße zu berücksichtigen. So kann die EU-Kommission (Art 23 VO 1/2003) Geldbußen bis zu 10 % des Gesamtumsatzes eines Jahres verhängen.

Ausnahme möglich? Kollektivvertrag im Fußball als Lösung?

Eine Möglichkeit, diese Nichtigkeitssanktion zu umgehen, besteht nur, wenn eine freistellungsfähige Ausnahmesituation vorliegt. Die Grenzen dafür sind sehr eng. Es müssten sich nämlich aus der Vereinbarung von salary caps gesamtökonomische Vorteile ergeben und die Verbraucher müssten daran angemessen beteiligt werden. Allein diese Voraussetzungen sind kritisch zu durchleuchten. Schließlich müsste die Wettbewerbsbeschränkung unerlässlich sein, was wohl ebenfalls schwer darstellbar ist.

Eine Alternative dem Kartellrecht zu entfliehen wäre die Einführung von Kollektivverträgen, wie sie in den USA teilweise existieren. Einschlägig dafür ist eine Entscheidung des EuGH aus 1999 (C-67/96), die Tarifverhandlungen von Sozialpartnern in den Niederlanden zur Verbesserung von Arbeitsbedingungen zum Gegenstand hatte. In dieser Entscheidung hat der EuGH ausgesprochen, dass die im Rahmen von Tarifverhandlungen zwischen den Sozialpartnern im Hinblick auf diese Ziele geschlossenen Verträge aufgrund ihrer Art und ihres Gegenstands nicht unter das Kartellverbot fallen (Rz 60). Doch auch in diesem Fall müssten Rahmenbedingungen und Organisationen geschaffen werden, die aktuell noch nicht existieren. Konkret wären das kollektivvertragsfähige Vertragspartner und schließlich müsste dargelegt werden, dass auch im Spitzenbereich des Fußballs dieselben Parameter gelten wie im klassischen Arbeitsrecht.

Zusammenfassend ist es – vor dem Hintergrund von europäischem Kartellrecht – nicht sonderlich realistisch, dass es gelingen kann, ein System zur Deckelung von Gehältern zu etablieren.

Geldwäsche

Bei derart hohen Summen ist aus Gründen der Vorsicht – entsprechend den gesetzlichen Vorgaben – auch die Regeln zu Geldwäsche  und Terrorismusfinanzierung zu prüfen. Mithin die Regeln zur Vermeidung der Einschleusung illegal erwirtschafteter Mittel in den legalen Finanzkreislauf. Sowohl Geldwäscherei als auch Terrorismusfinanzierung sind unter Strafe gestellt. Zunächst ist zu prüfen, ob die Verpflichtung eines Fußballspielers unter die geldwäschegeneigten Geschäfte fällt. Dafür könnte Einiges sprechen. Bei geldwäschegeneigten Geschäften, treffen die beteiligten Personen umfassende Prüfpflichten. Liegt ein geldwäschegeneigtes Geschäft vor, ist die Identität des wirtschaftlichen Eigentümers zu prüfen. Ist eine politisch exponierte Person involviert, gelten weitergehende Prüfpflichten (zB Prüfung der Mittelherkunft).

Fazit zuGehaltsobergrenzen und Ablösesummen 

Sollte es wider Erwarten gelingen, Gehaltsobergrenzen einzuführen, würde das nicht zwingend bedeuten, dass sich Ablösesummen verringern. Für Höchstgrenzen von Ablösezahlungen gilt im Übrigen das Gleiche wie für eine Deckelung von Gehältern. Letztlich ist auch das eine Maßnahme zur Beschränkung des Wettbewerbs (der Vereine um die besten Spieler), die mit dem Kartellrecht in Konflikt steht. Auch eine Abschaffung von befristeten Verträgen wäre unzulässig. Es würde zu sehr in die Privatautonomie eingreifen, also das Recht nach eigenem Belieben Verträge zu schließen. Eine Bonusregelung zur Umgehung der Vereine wäre ebenfalls kartellrechtlich zu prüfen und hier ist eine wirtschaftliche Betrachtungsweise geboten. Die Spieler wären mit derartige Regelung möglicherweise zufrieden, sicherlich aber nicht Ausbildungsvereine, die zu den klassischen Abgebern zählen.

Rechtsanwalt Sportrecht

Rechtsanwalt Dr. Johannes Öhlböck LL.M. berät und vertritt Sportler in Fragen des Sportrechtes, wie etwa

  • Vermarktung von Sportlern (Recht am eigenen Bild, Vermarktungsverträge)
  • Sport und Doping
  • Arbeitsrecht im Sport / Transfervertrag.

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