Facebook als Familienalbum?
Manche Eltern betrachten und verwenden Facebook, Google Plus, Picasa, Instagram, Twitter & Co als eine Art digitales Familienalbum und posten dort Fotos ihrer Kinder in allen erdenklichen Positionen mit und ohne Kleidung. Sie denken dabei offenbar nicht daran, dass Kinderfotos im Internet Schaden anrichten können und auch die Interessen und Rechte ihrer Kinder verletzen können. Durch die Nutzung von Bildersuchmaschinen bzw Suchmaschinen allgemein wird es nachfolgend möglich das Bild einer Person zuzuordnen und damit rasche deren Identität und Kontaktdaten herauszufinden. Experten sprechen von Schäden / Nachteilen durch Mobbing der Kinder, das dadurch ermöglicht wird und einem Selbstbedienungsladen für Pädophile. Das Problembewusstsein fehlt den Eltern mangels entsprechender Online-Medien-Kompetenz meist völlig. Allein dies zeigt, das Facebook und Social Media nicht dazu taugen, Kinderfotos mit aller Welt zu teilen.
Rechtsfragen zu Kinderfotos auf Facebook
Die Polizei in Hagen (NRW) hat mit dem Foto dieses Beittrags bei Facebook mehr als elf Millionen Menschen erreicht und eine hitzige Debatte ausgelöst, nachdem sie die Situation von Kindern beleuchtet hat. Es stellt sich die Frage, ob diese Interessen von Kindern auch rechtlich geschützt sind. Dazu muss vorausgeschickt werden, dass es kein Sonderrecht auf Posten, Teilen oder Nicht-Teilen von Kinderfotos gibt, sondern die entsprechenden Bestimmungen sich verteilt über die gesamte Rechtsordnung (ABGB, UrhG, Mediengesetz, DSG 2000, BVG Kinderrechte) finden und teilweise schon über 200 Jahre gelten.
Persönlichkeitsrechte Kinderfotos
Die maßgeblichste Regelung findet sich in § 16 ABGB. In dieser Bestimmung liegt gewissermaßen eine Grundnorm des Persönlichkeitsrechts. Sie stammt aus dem Jahr 1812 und lautet wie folgt:
Jeder Mensch hat angeborne, schon durch die Vernunft einleuchtende Rechte, und ist daher als eine Person zu betrachten. (01.01.1812)
Die Persönlichkeit des Menschen wird durch diese programmatische Regelung als Grundwert anerkannt und jeder Mensch erwirbt sein Bündel an Persönlichkeitsrechten mit der Geburt und diese Rechte genießen absoluten Schutz.
Das Recht am eigenen Bild wird zudem durch § 78 UrhG geschützt. Danach dürfen Bildnisse von Personen weder öffentlich ausgestellt noch auf eine andere Art, wodurch sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, verbreitet werden, wenn dadurch berechtigte Interessen des Abgebildeten … verletzt würden.
Nach § 1328a ABs 1 ABGB (Recht auf Wahrung der Privatsphäre) steht Schadenersatz (inkl. persönliche Beeinträchtigung) zu, wenn rechtswidrig und schuldhaft in die Privatsphäre eines Menschen eingegriffen wird oder Umstände aus der Privatsphäre offenbart oder verwertet werden, wenn dies geeignet ist, den Menschen in der Öffentlichkeit bloßzustellen. Bei Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte können alle Menschen, damit auch Kinder, mit Klage auf Unterlassung, Beseitigung, Urteilsveröffentlichung und Schadenersatz vorgehen. Der Anspruch kann durch eine Einstweilige Verfügung gesichert werden.
Verletzungen der Privatsphäre durch Medien richten sich allein nach dem Mediengesetz, das in § 6 den Persönlichkeitsschutz und § 7 die Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches regelt.
Datenschutz
Fotos von Kindern sind personenbezogene Daten. Sie unterliegen dem Datenschutzgesetz. In der Regel stellen Kinderfotos auch sensible Daten dar, da ein Rückschluss auf ethnische oder rassische Herkunft oder den Gesundheitszustand möglich ist. Bei Vorliegen sensibler Daten sind die Geheimhaltungsinteressen des Betroffenen (des Kindes) nach § 9 DSG 2000 besonders geschützt. § 27 DSG 2000 gewährt nach begründetem Antrag des Betroffenen ein Recht auf Löschung von Daten, die unzulässig verarbeitet (verwendet) wurden. Die Verletzung des Datenschutzgesetzes stellt eine Verwaltungsübertretung dar, die mit Verwaltungsstrafe von bis zu EUR 10.000,00 geahndet werden kann.
Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern
Am 16.02.2011 trat das Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern in Kraft, das Kindern in Artikel 4 eine Art Mitbestimmungsrecht gewährt wie folgt:
Jedes Kind hat das Recht auf angemessene Beteiligung und Berücksichtigung seiner Meinung in allen das Kind betreffenden Angelegenheiten, in einer seinem Alter und seiner Entwicklung entsprechenden Weise.
Eine Beschränkung dieses Rechtes ist nur zulässig, insoweit es gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Im Zweifelsfall ist daher die Zustimmung des Kindes zu einer Publikation von Fotos einzuholen.
Kinderfotos in der Rechtsprechung
Der Oberste Gerichtshof hat sich anlässlich der Veröffentlichung eines Kinderfotos in einer periodischen Druckschrift mit der Frage beschäftigt, ob Kinderfotos mit Zustimmung der Eltern veröffentlicht werden dürfen (15 Os 176/15v, 13.01.2016). Er kam zu dem Ergebnis, dass nur der Minderjährige selbst die entsprechende Einverständniserklärung abgeben kann, wenn er von einem Eingriff in seinen höchstpersönlichen Lebensbereich betroffen ist. Fehlt dem Minderjährigen die Einsichts- und Urteilsfähigkeit, kann niemals von einem Einverständnis zur Veröffentlichung ausgegangen werden. Dieses höchstpersönliche Recht kann weder durch gesetzliche Vertreter (meist Eltern) noch durch Sachwalter oder das Pflegschaftsgericht ersetzt werden.
Fazit zu Kinderfotos auf Facebook
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass die Rechte von Kindern an ihrem Abbild im Internet (Kinderfotos auf Facebook) mehrfach durch die österreichische Rechtsordnung geschützt sind. Bei Verletzung der geschützten Rechte, gewährt die Rechtsordnung Abhilfe durch Klagsansprüche und Verwaltungsstrafen.