Fall Dunja Hayali
Dunja Hayali ist eine deutsche Journalistin und Fernsehmoderatorin und Tochter irakischer Christen aus Mossul. Eine Person, die sich Emre nennt, beschimpfte sie auf Facebook wüst. Dunja Hayali antwortete in ähnlichem Tonfall. Facebook löschte den Beitrag zunächst unter Verweis auf die Facebook-Gemeinschaftsstandards (Nutzungsbedingungen), entschuldigte sich jedoch später dafür mit folgender Pressemitteilung:
„Unsere Reporting-Systeme sind dafür entwickelt, Menschen vor Missbrauch, Hassrede und Mobbing zu schützen und wir bedauern, dass gelegentlich Fehler gemacht werden, wenn solche Reports bearbeitet werden - wie jetzt im Fall von Dunja Hayali. Wir wissen, dass es frustrierend sein kann, wenn solch ein Fehler passiert und entschuldigen uns hiermit dafür."
Die Wortwahlbeider Kommunikationsteilnehmer ist inakzeptabel. Aber darum soll es in dieser Bewertung nicht gehen. Viel spannender ist das dahinterstehende System. Stärke und Schwäche der Nutzungsbedingungen von Facebook treten bei diesem Fall klar zu Tage.
Nutzungsbedingungen auf Facebook - Rechtsnatur
Die Nutzungsbedingungen von Facebook finden sich auf facebook.com/terms. Sie regeln die rechtliche Beziehung von Facebook zu seinen Nutzern. Rechtlich betrachtet handelt es sich um einen Vertrag zwischen Facebook und dem Nutzer. Dieser Vertrag ist allerdings nicht in Stein gemeisselt sondern unterliegt der Prüfung durch Gerichte. So hat etwa das LG Berlin (06.03.2012, 16 O 551/10) entschieden, dass einzelne Teile der Nutzungsbedingungen und der Datenschutzerklärung nicht mit deutschem Recht in Einklang zu bringen sind. Der BGH hat diese Entscheidung am 14.01.2016 (I ZR 65/14) bestätigt. Inhaltlich ging es dabei um die Facebook-Funktion "Freunde finden", die nach Ansicht des BGH eine wettbewerbsrechtlich unzulässige belästigende Werbung darstellt. Zudem habe Facebook den Nutzer über Art und Umfang der Nutzung importierter Kontaktdaten irregeführt.
Vereinbarung der Nutzungsbedingungen und Konsequenzen bei Nichteinhaltung
Darüber hinaus wirken sie faktisch auch wie ein Schutzgesetz für die Nutzer. Jeder Nutzer muss sie akzeptieren, wenn er das Soziale Netzwerk nutzen möchte. Für Werbetreibende, Betreiber von Seiten auf Facebook, usw gelten besondere Regeln. Bei Nichteinhaltung der Nutzungsbedingungen droht ein Ausschluss aus Facebook (Punkt 14). Alternativ dazu kann Facebook sämtliche Inhalte und Informationen entfernen, wenn es der Ansicht ist, dass diese gegen die Richtlinien verstoßen (Punkt 5.2.).
Einsatz der Nutzungsbedingungen gegen unliebsame Beiträge / Nutzer
Für Facebook sind die Nutzungsbedingungen ein scharfes und sehr rasch einsetzbares Mittel, um unliebsame Beiträge und/oder Nutzer zu entfernen, etwa in folgenden exemplarischen Situationen:
- Posten nicht genehmigter kommerzieller Kommunikation, Stichwort "Spam" (3.1.)
- Tyrannisierung, Einschüchterung oder Schikanierung anderer Nutzer (3.6.)
- Inhalte die Hassreden enthalten, bedrohlich oder pornografisch sind, zu Gewalt verleiten oder Nacktdarstellungen bzw. grafische sowie sonstige Gewalt enthalten (3.7.)
- Angabe falscher persönlicher Informationen, Stichwort "Fakeprofil" (4.1.)
- Erstellung mehrerer persönlicher Konten (4.2.)
- Nutzung durch verurteilte Sexualstraftäter (4.6.)
- Verletzung von Rechten Dritter oder Gesetzesverstoß (5.1.)
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Anwendung der Nutzungsbedingungen im Fall Dunja Hayali
Facebook hat nicht angegeben, aus exakt welchen Gründen sie das Posting von Dunja Hayali gesperrt hat. Allein das zeigt, dass es nicht nur an Transparenz mangelt, sondern auch an Möglichkeiten für effektiven Rechtsschutz. Dunja Hayali ist zudem ein Sonderfall weil sie als Person des öffentliches Lebens einzustufen ist. Wäre sie der Öffentlichkeit nicht bekannt, hätte Facebook wohl gar nicht reagiert. Die tägliche anwaltliche Praxis zeigt nämlich, dass Facebook bei Verbalinjurien, anders als etwa bei fotografischer Nacktheit oder Gewalt, sehr langsam bis gar nicht reagiert. Im vorliegenden Fall erfolgte die Reaktion rasch. Zu rasch, wie sich nach der Entschuldigung von Facebook herausstellte, die wohl ebenfalls nur der Bekanntheit der Betroffenen geschuldet ist. Zusammengefasst zeigt der Fall von Dunja Hayali, dass Facebook noch Vieles zu verbessern hat und zwar vor allem im Bereich Transparenz und effektiver Rechtsschutz.
Rechtsanwalt
Rechtsanwalt Dr. Johannes Öhlböck LL.M. berät und vertritt im Zusammenhang mit allen Rechtsfragen rund um Social Media / Facebook.