Unterschied zwischen Testierfähigkeit und Geschäftsfähigkeit?
Die Geschäftsfähigkeit ist die Fähigkeit sich durch eigene Erklärungen zu berechtigen oder zu verpflichten. Die Testierfähigkeit ist die Voraussetzung letztwillige Verfügungen (Testament, Kodizill) errichten zu können. Sie ist eine Unterart der Geschäftsfähigkeit. Gemäß § 566 ABGB ist testierfähig, wer die Bedeutung und die Folgen seiner letztwilligen Verfügung verstehen und sich entsprechend verhalten kann. Testierfähig sind geistig gesunde Volljährige. Aber auch mündige Minderjährige können bereits testieren, allerdings müssen sie dies vor Gericht oder Notar tun. Personen, denen ein Sachwalter bestellt wurde, sind deswegen noch nicht testierunfähig. Das Gericht kann aber anordnen, dass sie – wie mündige Minderjährige – nur vor Gericht oder Notar testieren können. Das Testament ist dann gültig, wenn zumindest die dafür notwendige Einsichtsfähigkeit gegeben ist. Dass das nicht der Fall war, muss derjenige beweisen, der es behauptet (Anfechtbarkeit). Fehlt die notwendige Testierfähigkeit, kann kein Testament errichtet werden, da letztwillige Verfügungen höchstpersönliche Geschäfte sind, der Erblasser kann sich dabei nicht vertreten lassen. Nach der Rechtsprechung sind an die Testierfähigkeit geringere Anforderungen zu stellen als an die Geschäftsfähigkeit. Als Richtschnur nimmt die Judikatur an, dass zumindest die kognitiven (Wahrnehmung) und volitiven (Willen) Fähigkeiten eines 14-Jährigen vorliegen sollten. Testierfähigkeit wird nicht durch jede geistige Erkrankung ausgeschlossen, ebensowenig durch eine bloße Abnahme der geistigen Kräfte. Vollbesitz der geistigen Kräfte und volle Kenntnis der Tragweite der Anordnung sind nicht erforderlich.
Testament anfechten: Warum wird gestritten?
Die Errichtung einer letztwilligen Anordnung durch einen Testierunfähigen bewirkt die Ungültigkeit, was im Sinne einer Anfechtbarkeit zu verstehen ist. Es ist sodann ex-post zu beurteilen, ob der Erblasser zum Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung testierfähig war, was sich oft sehr schwierig gestaltet. Liegt die begründete Annahme vor, dass ein Erblasser zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments nicht in der Lage war, die Folgen seines Handelns einzuschätzen, so liegt eine Testierunfähigkeit vor und Erben können das Testament anfechten. Anfechtungsberechtigt ist nur, wer vom Wegfall einer Verfügung profitieren würde. Im Streitfall muss die Testierunfähigkeit vor Gericht bewiesen werden. Zweifel an der freien Willensbildung des Erblassers reichen nicht aus um ein Testament ungültig zu machen. Ein Gutachter muss mit ausreichender Sicherheit die Testierunfähigkeit feststellen.
Neues Urteil OGH – wie muss ein Testament aussehen?
Es gibt verschiedene Formen der letztwilligen Verfügung – der Formzwang im Erbrecht ist streng, wird die vorgesehene Form nicht eingehalten, ist die Verfügung unwirksam, auch wenn sicher ist, dass der Erblasser das formunwirksam Erklärte wirklich wollte. Schlaglichter zum Form von Testamenten: Eigenhändiges Testament: Erblasser muss Text der Verfügung mit der Hand schreiben und die Verfügung am Ende unterschreiben. Beisetzung von Ort und Datum ist nicht notwendig, aber empfohlen. Fremdhändiges Testament: Der Text muss vom Erblasser unterschrieben werden und die nuncupatio ist eigenhändig beizusetzen („Mein letzter Wille“). Zusätzlich bedarf es dreier, gleichzeitig anwesender Zeugen, die auf der Urkunde mit einem Hinweis auf ihre Zeugeneigenschaft eigenhändig unterschreiben müssen. Die Identität der Zeugen muss aus der Urkunde selbst hervorgehen. Öffentliche Testamente vor Gericht oder Notar. Nottestament.
Der OGH stellte zum fremdhändigen Testament kürzlich klar, dass die Zeugen „auf der Urkunde“ zu unterschreiben haben, womit die Testamentsurkunde als Träger des letzten Willens des Erblassers gemeint ist. Mehrere lose Blätter müssen in einem inhaltlichen Zusammenhang stehen. Ein fremdhändiges Testament ist daher formungültig, wenn die Testamentszeugen nicht auf dem Blatt (oder den Blättern) mit dem Text der letztwilligen Verfügung, sondern auf einem zusätzlichen losen und leeren Blatt unterschrieben haben. Ebenso formungültig ist ein fremdhändiges Testament, wenn der Erblasser auf einem losen Blatt unterschrieben hat, ohne dass ein äußerer oder inhaltlicher Zusammenhang mit dem Blatt, auf dem sich der Text der letztwilligen Verfügung befindet, besteht. Ein äußerer Zusammenhang wäre nur dann zu bejahen, wenn entweder vor der Leistung der Unterschriften von Erblasser und Zeugen oder während des Testiervorgangs (das heißt uno actu mit diesem) die äußere Urkundeneinheit hergestellt wurde, indem die einzelnen Bestandteile der Urkunde (die losen Blätter) so fest miteinander verbunden wurden, dass die Verbindung nur mit Zerstörung oder Beschädigung der Urkunde gelöst werden kann, wie zB beim Binden, Kleben oder Nähen der Urkundenteile. Für die Herstellung eines inhaltlichen Zusammenhangs zwischen den mehreren losen Blättern kann neben der Fortsetzung des Textes auch ein – vom Testator unterfertigter – Vermerk auf dem zusätzlichen Blatt mit Bezugnahme auf seine letztwillige Verfügung ausreichend sein. Diese Bezugnahme muss inhaltlicher Natur sein, das heißt es muss erkennbar sein, auf welche inhaltliche Anordnung sich der Vermerk bezieht.
Anmerkung: Bei privaten Testamenten, bspw im Tresor zu Hause, besteht die Gefahr, dass ein nicht Bedachter das Testament verschwinden lässt und z.B. auf die gesetzliche Erbfolge hofft. Das Testament könnte auch ganz einfach übersehen werden. Ratsam ist es daher, dass Testament im zentralen Testamentsregister zu registrieren.
Wie stellt ein Sachverständiger nach dem Tod des Erblassers fest, ob das Testament gilt?
Im Streitfall muss die Testierunfähigkeit vor Gericht bewiesen werden. Zweifel an der freien Willensbildung des Erblassers reichen nicht aus um ein Testament ungültig zu machen. Ein Gutachter muss mit ausreichender Sicherheit die Testierunfähigkeit feststellen. Die Beurteilung der Testierfähigkeit ist eine Rechtsfrage, die aufgrund der Feststellungen über den Geisteszustand des Erblassers und den Grad der Beeinträchtigung seiner Willensbildung zu lösen ist. Dem Sachverständigen obliegt daher kein Urteil über die Testierfähigkeit. Er hat bloß mit Hilfe seiner besonderen Sachkunde an den Feststellungen mitzuwirken, welchen Grad der „Besonnenheit“ der Erblasser im Zeitpunkt der Verfassung der letztwilligen Verfügung hatte. Der Sachverständige prüft, ob zum Zeitpunkt der Verfassung der letztwilligen Verfügung psychische Störungen vorhanden waren, bestimmt den Schweregrad dieser Störung und beurteilt die Beeinträchtigung der Einsichts- und Willensbildungsfähigkeit (der Entscheidungsfähigkeit). Dabei nimmt der Sachverständige beispielsweise Einsicht in Krankenberichte und Befunde.
Wie kann man sich im Gespräch absichern?
Es ist jedenfalls ratsam ein Gespräch mit der testierwilligen Person zu führen, in dem man sich einen Überblick über die geistigen Fähigkeiten schaffen kann. Ein Aktenvermerk über das Gespräch mit der testierenden Person kann in einem allfälligen Gerichtsprozess als Beweis vorgelegt werden, wobei dieser der Beweiswürdigung des Gerichts unterliegt. Das Testament könnte auch in Beisein eines Notars erstellt werden. Dieser könnte sich davon überzeugen, dass sich der Erblasser unbeeinflusst seinen Willen bilden konnte und das auch in der Urkunde vermerken. Bestehen Zweifel an der Testierfähigkeit, kann ein Gutachten beim Neurologen eingeholt werden. Wenn es nach dem Ableben des Erblassers zum Streit kommt, dient das Gutachten zum Beweis, dass das Testament gültig ist.
Wie erfahre ich, ob mich meine Tante im Testament berücksichtigt hat?
Rechtsanwälte sind verpflichtet Testamente im zentralen Testamentsregister zu registrieren. Nicht das Dokument selbst wird in der Datenbank registriert, sondern die Tatsache der Errichtung und Hinterlegung. Dadurch soll sichergestellt werden, dass im Falle des Ablebens des Testators dessen letztwillige Verfügung auch tatsächlich vom Gerichtskommissär aufgefunden wird. Einsicht kann dadurch allerdings nicht in das Testament genommen werden. Ein allenfalls im Testament Bedachter wird erst nach dem Ableben des Verstorbenen vom Gerichtskommissär verständigt.