Heimopfer
Mißbrauch in Heimen in Wien stand in den 1970er Jahren an der Tagesordnung. Viele Kinder wurden Opfer von körperlicher und geistiger Gewalt in unterschiedlichsten Ausprägungen und Schattierungen. Kinder wurden in Heimen in Wien systematisch und wiederholt körperlich misshandelt und vergewaltigt. Sie wurden geschlagen, gezwungen Erbrochenes zu essen oder Wasser aus der WC-Muschel zu trinken. Die Erzieher übten körperliche Gewalt unter anderem durch Tritte, harte Ohrfeigen, Schläge mit den Fäusten in den Bauch, Brechen von Armen, Messerstiche, Schläge mit allen verfügbaren Gegenständen, Ziehen an den Haaren, Schlagen des Kopfes auf den Tisch und die Wand aus. Kinder wurden von Erziehern mehrfach mit roher Gewalt in vollgefüllte Waschecken so lange untergetaucht, bis keine Luft mehr in den Lungen war und ihr Gesicht blau angelaufen ist. Sie haben dabei befürchtet sterben zu müssen. Darüber hinaus sind alle zwei Wochen sechs bis acht fremde Männer in den Schlafsälen über sie hergefallen, haben sie unerwartet aus dem Bett gezerrt und brutal missbraucht. Die Frau war kein Einzelfall. Feststellungen dieses Inhalts finden sich in einem soeben eingelangten Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes.
Antrag auf Verdienstentgang nach Verbrechensopfergesetz
Die Frau hat als anerkanntes Heimopfer eine Entschädigung der Stadt Wien (über den Weissen Ring) erhalten und 2012 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einen Antrag auf Hilfeleistungen nach dem Verbrechensopfergesetz gestellt. Mit Bescheid aus 2013 wurde ihr Antrag vom Bundessozialamt abgewiesen. In der Begründung fand sich der Hinweis, dass die Leiden, die die Frau nach den Torturen in den Heimen erdulden musste, nicht verbrechenskausal waren. Dagegen richtete sich die Beschwerde der von Rechtsanwalt Dr. Johannes Öhlböck vertretenen Frau an das Bundesverwaltungsgericht, in der dargelegt wurde, dass Verbrechenskausalität beseht, es also sehr wohl die Verbrechen in den Heimen waren, die für den heutigen geistigen Zustand der Frau verantwortlich waren. Nach Durchführung eines ausführlichen Beweisverfahrens unter Einbeziehung von Sachverständigen hielt das Gericht fest:
Demnach können die anhaltende Persönlichkeitsveränderung nach Extrembelastung, ….., auf die erlittenen Misshandlungen zurückgeführt werden.
Das Bundesverwaltungsgericht hat daher entschieden, dass die Voraussetzungen für Hilfeleistungen nach dem Verbrechensopfergesetz dem Grunde nach vorliegen. Die Bemessung obliegt in einem weiteren Schritt dem Bundessozialamt.
Rechtsanwalt
Rechtsanwalt Dr. Johannes Öhlböck LL.M. hat Heimopfer bei der Erlangung von Renten nach dem Verbrechensopfergesetz unterstützt und war als Experte im Zuge der Novellierung des Heimopferrentengesetzes tätig.