Nominierungsrecht für österreichische Athleten für Olympia bei ÖOC
Das nationale sowie auch das internationale Sportwesen ist vereinsrechtlich aufgebaut. Man spricht von einem pyramidenförmigen Aufbau. Der Sportler selbst steht an unterster Stufe und schließt sich meist auf lokaler Ebene mit Gleichgesinnten in einem Verein zusammen. Überregional schließen sich Vereine Landesfachsportverbänden und nationalen Spitzenfachsportverbänden zusammen. Für gewöhnlich steht an der Spitze einer Sportart ein internationaler Spitzenverband (z.B. FIFA, FIS, UCI etc.) Das „IOC – International Olympic Committee“ bildet sportartübergreifend einen Zusammenschluss der verschiedenen Verbände zur Olympischen Bewegung. Auf Landesebene gibt es zur Durchführung der Olympischen Bewegung eigene Nationale Olympische Komitees (NOK). In Österreich ist dies das ÖOC (Österreichisches Olympisches Comitee) .
Das Nominierungsrecht für Olympische Spiele obliegt in Österreich demgemäß dem Vorstand des ÖOC. Er handelt jedoch auf Vorschlag der Fachverbände, deren Entscheidung sich nach bestimmten Qualifikationskriterien richtet. Regel 40 der „Olympic Charter vom 2. August 2015“ besagt, dass die internationalen Spitzenverbände im Einvernehmen mit dem IOC sportartspezifische Qualifikationsrichtlinien (Limits, Nominierungsvoraussetzungen) erlassen. Zusätzlich verschärfen die nationalen Fachverbände meist die Qualifikationskriterien durch eigene Richtlinien.
Der Fall „Friedek“ - Nichtnominierung trotz Erfüllung der Limits
Weigert sich ein Verband einen Sportler trotz Erfüllung aller Nominierungsvoraussetzungen für internationale Wettkämpfe zu nominieren, stellt sich die Frage, ob ein durchsetzbarer Rechtsanspruch auf Nominierung besteht. In einer Grundsatzentscheidung gewährte der deutsche Bundesgerichtshof (BGH 13. 10.2015 – II ZR 23/14) dem Dreispringer Charles Friedek einen Schadenersatzanspruch, nachdem er trotz formeller Erfüllung aller Nominierungskriterien vom deutschen NOK nicht für die Olympischen Spiele 2008 in Peking nominiert wurde. Friedek konnte zunächst mangels Vertragsverhältnisses mit dem NOK keinen Erfüllungsanspruch ableiten. Vorvertragliche Schutz- und Sorgfaltspflichten (culpa in contrahendo) in Verbindung mit der Monopolstellung des NOK würden aber ausnahmsweise zu einem derartigen Anspruch führen.
Ein gleichartiger Anspruch wäre auch in Österreich aufgrund des Verbots des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung (§ 5 KartG) denkbar. Die Nominierung durch das ÖOC ist die einzige Möglichkeit um an Olympischen Spielen teilzunehmen. Ein Athlet ist der überragenden Marktstellung des ÖOC ausgeliefert, da er für die Ausübung seines Berufes (Teilnahme an Wettkämpfen, Werbetestimonial für Sponsoren) zur Vermeidung schwerwiegender betriebswirtschaftlicher Nachteile auf die Nominierung zu internationalen Wettkämpfen angewiesen ist.
Olympiaausschluss von russischen Leichtathleten
Der Internationale Leichtathletikverband (IAAF)suspendierte die Mitgliedschaftsrechte des russischen Leichtathletikfachverbands gemäß Regel Nr. 45 des IAAF-Ethikcodes. Begründet wurde dies mit gravierenden Verstößen gegen Anti-Doping-Richtlinien. In den Wettkampfregeln des IAAF für die Jahre 2016-2017 wird in Regel Nr. 22 weiters festgehalten, dass Athleten eines suspendierten Verbandes nicht zur Teilnahme an Wettkämpfen unter der Obhut des IAAF berechtigt sind. Für russische Leichtathleten wäre somit die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2016 in Rio nicht möglich. Um diese harte Sanktion abzufedern, schuf der IAAF einen Zusatzartikel zu Wettkampfregel Nr. 22. Demgemäß können russische Leichtathleten als „Neutrale Athleten“ an Wettkämpfen teilnehmen, wenn sie mehrere Voraussetzungen erfüllen, welche ihr sauberes Sportlerdasein beweisen. Beispielsweise müssten sie sich in den vergangenen Jahren einem Anti-Doping-Kontrollsystem außerhalb von Russland unterworfen haben. Das IOC hat sich in Regel Nr. 40 der Olympischen Charter das Recht vorbehalten, die Teilnahmekriterien eines Fachverbandes zu genehmigen. Die Letztentscheidung, ob die Teilnahme von russischen Leichtathleten möglich ist, liegt daher beim IOC.
Der Rechtsprechung im Fall Friedek folgend, wäre die Teilnahme als „Neutraler Athlet“ bei Olympia nur rechtlich durchsetzbar, wenn das IAAF und das IOC ihre selbst geschaffenen Nominierungsvoraussetzungen (insbesondere den Zusatzartikel zu Wettkampfregel Nr. 22 des IAAF) nicht auf alle Athleten gleichmäßig anwenden.
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