Was hat sich geändert in Sachen Polizei-Strafen? Darf die Polizei Organmandate aussprechen?
Aufgrund einer Verordnung (152. Verordnung) des Gesundheitsministers wurden Verwaltungsübertretungen für das Epidemiegesetz und das Covid-19-Maßnahmengesetz definiert, die nunmehr von der Polizei mittels Organstrafverfügung und somit mittels Geldstrafe geahndet werden dürfen. Grundsätzlich dürfen mit Organstrafverfügung nach § 50 VStG besonders geschulte Organe der öffentlichen Aufsicht ermächtiget werden, wegen bestimmter von ihnen dienstlich wahrgenommener oder vor ihnen eingestandener Verwaltungsübertretungen Geldstrafen einzuheben (Organmandat, Strafmandat, Strafzettel). Dieses Verfahren soll dazu dienen, geringfügigere Übertretungen rasch bestrafen zu können.
Was darf die Polizei nicht?
Die Polizei darf von sich aus - ohne Vorliegen weiter rechtfertigender Umstände - keine Hausdurchsuchungen oder andere Grundrechtseingriffe vornehmen, um Beweise für eine strafbare Übertretung der Covid-Maßnahmen zu sammeln.
Wie hoch dürfen Strafen sein?
Eine Geldstrafe von EUR 25,00 ist vorgesehen bei
- Fehlen einer den Mund- und Nasenbereich gut abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung bei Betreten von Betriebsstätten (§ 3 Abs 1 und 3 Covid-19-Maßnahmengesetz)
Eine Geldstrafe von EUR 50,00 ist vorgesehen bei
- Zusammenströmen größerer Menschenmengen nach § 15 Epidemigesetz
- Verstoß gegen Regeln für Personen, die einer Überwachung nach § 17 Epidemiegesetz unterliegen (zB Verstoß gegen Vorschriften zu ärztlicher Untersuchung, Desinfektion, Absonderung, usw)
- Verstoß gegen Verkehrsbeschränkungen für Bewohner in bestimmten Ortschaften nach § 24 Epidemiegesetz
- Betreten einer Betriebsstätte, deren Betreten untersagt ist (§ 3 Abs 1 Covid-19-Maßnahmengesetz)
- Betreten eines bestimmten Ortes, dessen Betreten untersagt ist (§ 3 Abs 1 Covid-19-Maßnahmengesetz)
Was tun, wenn man sich ungerecht behandelt fühlt, zB beim Sicherheitsabstand ?
Organstrafverfügungen werden von Organen der öffentlichen Aufsicht (z.B. Polizisten) an Ort und Stelle ausgesprochen und gelten als erledigt, wenn sie innerhalb von zwei Wochen bezahlt werden. Will man sich dagegen wehren, darf man nicht zahlen und muss die zwei Wochen ohne Bezahlung der Strafe abgewartet werden. Danach geht die Organstrafverfügung in eine Anzeige bei der Verwaltungsbehörde über und ein ordentliches Verwaltungsstrafverfahren wird eingeleitet. Vorsicht gilt bei besonders niedrigen Strafen, da sich der Geldbetrag im ordentlichen Verfahren erheblicherhöhen kann und es somit unter Umständen zu einer deutlich höheren Strafe als der ursprünglichen kommt. Wird etwa eine Betriebsstätte betreten, deren Betreten untersagt ist, droht im Verwaltungsverfahren eine Geldstrafe von bis zu EUR 3.600,00.
Muss man nachweisen können, dass man im selben Haushalt lebt – und wenn ja, wie?
Die Frage des gemeinsamen Haushalts ist insofern relevant, als öffentliche Orte im Freienohne Einhaltung des Mindestabstands von einem Meter mit im selben Haushalt lebenden Personen betreten werden dürfen (vgl Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gemäß § 2 Z 1 des COVID-19-Maßnahmengesetzes). Gleiches gilt für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel mit Personen die im gemeinsamen Haushalt leben und Fahrgemeinschaften mit diesen. Im Fall der Kontrolle durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind die Gründe, warum eine Betretung zulässig ist, nach § 6 der Verordnung glaubhaft zu machen. Es gibt im Verwaltungsstrafverfahren keine Verpflichtung, sich selbst zu belasten. Wird eine Strafe zu Unrecht verhängt, sollte man die Geldstrafe nicht bezahlen und die Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens abwarten. Im Verfahren darf man sich verteidigen und die Aufnahme von Beweisen beantragen. Dies kann beispielsweise die Einvernahme des Mitbewohners als Zeuge sein, Melderegisterauszüge, oder das Vorzeigen der Wohnungsschlüssel.
Gibt es Unterschiede zwischen den Bundesländern?
Die Ermächtigung der Polizei für die Einhebung von Geldstrafen mittels Organstrafverfügungen für bestimmte Verwaltungsübertretungen gilt österreichweit. Darüber hinaus sieht § 2 des Covid-19 Maßnahmengesetzes vor, dass Landeshauptleute und Bezirksverwaltungsbehörden (Bezirkshauptmannschaft, Magistrat) ebenfalls Verordnungen erlassen dürfen, mit denen das Betreten bestimmter Orte untersagt wird.
Davon wurde etwa in Salzburg und dem Burgenland Gebrauch gemacht. In Salzburg wurde mit Verordnung 22/82 des Landeshauptmannes (Gesundheitsrecht) das Betreten von Seilbahnanlagen im gesamten Landesgebiet verboten. Im Burgenland wurde mit LGBl. Nr. 10/2020 (Verordnung des Landeshauptmannes) das Betreten von Camping- und Mobilheimplätzen sowie Zeltlagern im Sinne des Burgenländischen Camping- und Mobilheimplatzgesetzes untersagt.
Rechtsanwalt
Rechtsanwalt Dr. Johannes Öhlböck LL.M. berät und vertritt bei Rechtsfragen zum Covid-19-Maßnahmengesetz, Epidemigesetz und den dazu ergangenen Verordnungen.