Meldung eines Verdächtigen in Tulln an die Polizei
In den Abendstunden des 29. Oktober 2017 spazierte die Frau zu einer Tankstelle in der Nähe ihrer Wohnung in Tulln, um Futter für ihre Katze zu besorgen. Der Einkauf wird ihr zum Verhängnis. Ein älterer Mann mit Kapuze fällt ihr auf. Später erinnert sie sich an ein Fahndungsfoto. Sie erstattet Meldung bei der Polizei. Der Anruf setzt die Staatsgewalt in Bewegung und Überwachungsvideos werden ausgewertet.
Prüfung von Videoaufzeichnungen
Bei Durchsicht der Videoaufzeichnungen wird die Frau gleichzeitig mit einem Mann erkannt, der eine hohe Ähnlichkeit mit Friedrich Felzmann aufgewiesen hat. Dieser hat zum Abtransport seines Einkaufs ein auffälliges rosafärbiges Stoffsackerl verwendet, das er mit sich geführt hat. Am Folgetag hat die von Rechtsanwalt Dr. Öhlböck vertretene Frau aus Tulln ein ähnliches Sackerl (einer Drogeriekette) verwendet.
Durchsuchung der Wohnräumlichkeiten
Auf Basis dieses Sachverhaltes beantragte die Staatsanwaltschaft die Durchsuchung der Wohnräumlichkeiten samt Keller- und Nebenräumlichkeiten an der Adresse der Frau. Das Gericht bewilligte die Durchsuchung. Mit der Durchführung wurde das EKO Cobra beauftragt. Im Zuge des Einsatzes wurde die Eingangstüre aufgebrochen sowie der Boden der Wohnräumlichkeiten durch den Einsatz von Blitzknallern mit Rauchentwicklung stark beschädigt.
Die beiden Blitzknaller und laute Schreie reißen die Frau aus dem Schlaf. Das Licht in ihrem Schlafzimmer geht an. Als sie die Augen öffnet, ist sie umstellt von fünf maskierten Personen und blickt in deren Gewehrläufe. Sie leidet bis heute an psychischen Problemen, die durch den Einsatz verursacht wurden.
Feststellung der Rechtswidrigkeit des Einsatzes nach erfolgreicher Beschwerde
Die von Rechtsanwalt Dr. Öhlböck vertretene Frau erhob nachfolgend Beschwerde gegen die Anordnung und Bewilligung der Hausdurchsuchung. Dieser wurde durch das zuständige Oberlandesgericht Folge gegeben, das feststellte, dass der angefochtene Beschluss das Gesetz verletzt. Insbesondere führte das Gericht aus, dass die Voraussetzungen für die Bewilligung der Durchsuchung nicht vorlagen. Die bloße Verwendung des gleichen „Sackerls“ in Verbindung mit den früher eingegangenen Hinweisen, wonach der Beschuldigte in Amstetten oder Bruck an der Leitha gesehen worden sei, war nicht dazu geeignet, den hinreichenden Verdacht zu begründen, dass sich der Beschuldigte in der Wohnung der Frau aufhalte.
Amtshaftung: Schadenersatz und Haftung für künftige Schäden
Der erfolgreichen Beschwerde vor dem Strafgericht folgte ein Aufforderungsschreiben an die Finanzprokuratur, in der Ansprüche aus Amtshaftung geltend gemacht wurden. Die Finanzprokuratur war zwar bereit, einen bestimmten Betrag für entstandene Schäden zu übernehmen, weigerte sich jedoch die zukünftigen Kosten, vor allem für Psychotherapien zu übernehmen, die laut einer Psychologin für die Frau noch zu erwarten sind. Es wurde damit eine Amtshaftungsklage (Schadenersatz und Feststellung der Haftung für künftige Schäden) notwendig, über die noch nicht entschieden wurde.