Angehörigenschmerzengeld | Trauerschmerzengeld | Schockschaden

Der Tod eines nahen Angehörigen zieht nach der Rechtsprechung einen Anspruch auf Schadenersatz (Angehörigenschmerzengeld, Schockschaden, Trauerschmerzengeld) nach sich, falls eine Beeinträchtigung vorliegt, die Krankheitswert erreicht. Die Höhe des Anspruches (Berechnung) hängt dabei unter anderem von den Schmerzperioden (Dauer) und dem familiären Beziehungen (Verwandtschaftsgrad) ab.

 

Schockschaden

Hinterbliebene (Eltern, Kinder, Ehegatten, Lebensgefährte), die durch die Tötung eines nahen Angehörigen (etwa bei Verkehrsunfall oder Skiunfall) einen Schock oder eine sonstige als Krankheit zu bewertende psychische Störung (Krankheitswert) oder Beeinträchtigung (bspw. Depression) erleiden, können Schadenersatz gegenüber den Schädiger geltend machen. Dieser Schadenersatz steht unabhängig davon zu, ob der Hinterbliebene selbst an dem zum Tod führenden Ereignis beteiligt war und die Tötung daher unmittelbar miterleben musste oder die Krankheit erst im Nachhinein durch die infolge der Tötung ausgelöste psychische Belastung entwickelt wurde. Der Anspruch gebührt bereits bei leichter Fahrlässigkeit des Schädigers bzw. bei Gefährdungshaftung.

Trauerschmerzengeld

Unabhängig vom Vorliegen einer eigenen Gesundheitsschädigung haben hinterbliebene nahe Angehörige nach der Rechtsprechung zudem Anspruch auf Entschädigung für den reinen Trauerschmerz (Trauerschmerzengeld), wenn der Schädiger vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hat. Der Oberste Gerichtshof bejahte dies in seiner Leitentscheidung vom 16.05.2011 zu 2 Ob 84/01v. In dieser Entscheidung hatte sich das Höchstgericht mit dem Tod eines 8-Jährigen Mädchens, welches als Fußgängerin von einem LKW erfasst, zu Boden gestoßen und dadurch getötet wurde, zu befassen. Die Eltern des Mädchens wurden von der Nachbarin verständigt und fanden ihre Tochter an der Unfallstelle noch auf der Straße liegend tot vor. Auch wenn der Oberste Gerichtshof in dieser Entscheidung einen Anspruch mangels groben Verschuldens abwies, legte er dennoch eine wichtige Erweiterung für den Ersatz von ideellen Schäden in der österreichischen Rechtsprechung.

Bemessung (Berechnung) des Anspruches

Die Bemessung des Anspruches richtet sich nach einem schematischen Ansatz, der sich an den familiären Beziehungen zwischen dem hinterbliebenen Angehörigen und dem Getöteten orientiert. Beurteilt wird der Verwandtschaftsgrad, die Intensität der familiären Bindung, das Alter sowohl des hinterbliebenen Angehörigen als auch des Getöteten sowie das Bestehen einer Hausgemeinschaft. Bei der Bewertung kommt es aber allerdings immer auf den Einzelfall an.

Beispiele aus der Rechtsprechung

Am 20. September 2012 (2 Ob 161/12h) hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass EUR 15.000,00 für die Tochter des Unfallopers angemessen sind, die durch grobes Verschulden eines Schädigers ihren Vater verlor. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Vater und sein Sohn tranken bei Arbeiten an einem Auto Unmengen an Alkohol. In betrunkenem Zustand betätigte und lenkte der Sohn das Auto mit seinem Vater als Beifahrer. In einer Rechtskurve raste der Sohn, bei erlaubten 50 km/h, mit zumindest 95 km/h über den Straßenrand hinaus und prallte gegen einen Baum. Sowohl Vater als auch Sohn kamen bei diesem Unfall ums Leben.

Schon 2003 (2 Ob 186/03x) hat der Oberste Gerichtshof einem Familienvater, der bei Verkehrsunfall seine gesamte Familie (Ehefrau sowie die gemeinsamen drei Kinder) verlor, einen Betrag von EUR 65.000,00 zugesprochen. Der dieser Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt wurde wie folgt festgestellt: in einer starken Rechtskurve kam die Ladung eines Sattelfahrzeuges in Bewegung, wodurch das Fahrzeug instabil wurde und in der Folge auf die linke Seite kippte, auf die linke Fahrbahn kam und stieß frontal gegen den entgegenkommenden PKW, in welchem sich die Ehefrau und Kinder des Familienvaters befand. Aufgrund der Todesnachricht erlitt der Familienvater schwere, andauernde psychische Beeinträchtigungen, aufgrund dessen der Oberste Gerichthof auch unter Berücksichtigung des Alters des Familienvaters zum Unfallszeitpunkt einen Betrag von EUR 65.000,00 als angemessen ansah.

Eine weitere Entscheidung vom 01.07.2004 zu 2 Ob 141/04f betraf Trauerschmerzengeld. Der Oberste Gerichtshof Schadenersatz sprach für den erlittenen Trauerschmerz eines 40-jährigen, haushaltsfremden Sohn (mit eigener Familie mit jedoch ausgezeichneter Beziehung und intensivem Kontakt) infolge der Tötung seiner 61-jährigen Mutter bei einem Verkehrsunfall zu. Der Oberste Gerichtshof hielt einen Schadenersatzbetrag von EUR 13.000,00 für angemessen, zumal zwischen der Mutter und dem Sohn ein ausgezeichnetes, besonders enges und intensives Verhältnis bestand, auch wenn der Sohn im eigenen Haushalt und mit eigener Familie, aber in unmittelbarer Nachbarschaft zu seiner Mutter wohnte.